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Vier Aminosäuren, die das Altern bremsen – was wir vom Nacktmull lernen können. Blog#230

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Die Suche nach dem Schlüssel zu einem langen und gesunden Leben fasziniert die Menschheit seit jeher. Während wir nach Wegen suchen, den Alterungsprozess zu verlangsamen, bietet die Natur selbst oft die erstaunlichsten Lösungen. Eines der faszinierendsten Beispiele liefert der Nacktmull (Heterocephalus glaber).  Dieses unscheinbare Nagetier aus Ostafrika kann bis zu 40 Jahre alt werden – das Zehnfache (!) seiner ähnlich großen Verwandten – und zeigt eine beeindruckende Resistenz gegenüber Krebs und typischen Alterskrankheiten. Eine aktuelle in Science veröffentlichte Studie ( LINK ) enthüllt nun ein zentrales Puzzlestück: eine modifizierte Version des Proteins cGAS, das bei Menschen und Mäusen als Bremse der DNA-Reparatur wirkt, beim Nacktmull jedoch zum Reparatur-Beschleuniger wird. Vom DNA-Sensor zum Reparatur-Booster cGAS (cyclic GMP–AMP synthase) ist in Säugetieren vor allem als Wächter des angeborenen Immunsystems bekannt. Es erkennt DNA-Fragmente, die sich außerhalb des Zell...

Die Kunst des Geldausgebens im Ruhestand: 10 Lektionen aus Morgan Housels neuem Buch. Blog#229

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Ich habe kürzlich Morgan Housels neues Buch The Art of Spending Money  gelesen – und wie schon  The Psychology of Money  und  Same as Ever  hat mich seine Art, über Finanzen nachzudenken, erneut inspiriert. In seinem dritten Buch schreibt Housel nicht über Zahlen, sondern über die Beziehung zwischen Geld, Werteverständnis und Lebensgestaltung. Es geht weniger um Rendite als um Sinn: Wie kann Geld dazu beitragen, ein gutes und erfülltes Leben zu führen? Ich habe zehn Gedanken herausgegriffen, die mir gerade jetzt, im Ruhestand, besonders relevant erscheinen. 1. Reichtum bedeutet Unabhängigkeit, nicht Kontostand : Der größte Vorteil von Geld ist die Freiheit, über die eigene Zeit zu bestimmen. Housel bringt es sinngemäß auf den Punkt: Wohlstand ohne Unabhängigkeit ist eine subtile Form von Armut. Für Ruheständler heißt das: Das über Jahre aufgebaute Vermögen ist kein Ziel an sich, sondern ein Werkzeug – um jeden Tag nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. 2. ...

Azelastin – mögliche Schutzwirkung eines bekannten Nasensprays gegen SARS-CoV-2. Blog#228

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Eine aktuelle Studie der Universität des Saarlands, veröffentlicht im renommierten Fachjournal JAMA Internal Medicine (Journal der American Medical Association), liefert überraschende Hinweise: Das seit Jahren bewährte Antihistaminikum Azelastin, bekannt als Nasenspray gegen Heuschnupfen, könnte auch vor Infektionen mit SARS-CoV-2 schützen ( LINK ). In der randomisierten, doppelt verblindeten und placebokontrollierten Phase-2-Studie zeigte sich, dass Azelastin möglicherweise bereits in der Nasenschleimhaut – also an der Eintrittspforte des Virus – wirksam wird. Sollte sich dieser Effekt in größeren Untersuchungen bestätigen, könnte ein frei erhältliches Nasenspray künftig eine einfache und gut verträgliche Möglichkeit bieten, virale Atemwegsinfektionen vorzubeugen. Bekannter Wirkstoff mit neuer Perspektive Azelastin blockiert Histaminrezeptoren und lindert typische Allergiesymptome wie Niesen, Juckreiz und verstopfte Nase. Präklinische Untersuchungen zeigten in den letzten Jahren zusät...

Gesundheit in Echtzeit: Die neue Generation der kontinuierlichen Proteinsensoren. Blog#227

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Wearables wie Smartwatches oder Glukosemessgeräte liefern bereits heute erste Einblicke in zentrale Körperfunktionen. Der nächste große Schritt geht jedoch weit darüber hinaus: kontinuierliche Proteinsensoren. Sie könnten Schlüsselproteine des Körpers in Echtzeit erfassen – von Entzündungsmarkern bis zu Herzproteinen. Da sich deren Konzentrationen innerhalb weniger Minuten verändern können, eignen sie sich als hochsensibles Frühwarnsystem für Infektionen, Stoffwechselentgleisungen oder akute Herzereignisse. In diesem Blog erfährst du, wie diese Technologie funktioniert, welche Chancen sie für die Medizin eröffnet und wie sie unser Verständnis von Gesundheit grundlegend verändern könnte. Von der Momentaufnahme zum Verlauf Die klassische Diagnostik liefert meist nur Momentaufnahmen: Blutwerte oder bildgebende Verfahren zeigen den Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt. Viele Krankheiten verlaufen jedoch dynamisch. Entzündungen können sich innerhalb weniger Stunden entwickeln, ein Herzinfa...

Rendite-Reihenfolge-Risiko verstehen: Strategien für sichere Entnahmen im Ruhestand. Blog#226

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Wer im Ruhestand regelmäßig aus seinem Vermögen entnimmt, muss nicht nur auf die Rendite achten. Entscheidend ist die Reihenfolge von guten und schlechten Börsenjahren. Tritt zu Beginn der Entnahmephase eine Verlustserie auf, kann das den Kapitalstock dauerhaft schwächen und die finanzielle Sicherheit im Alter gefährden. Ein Beispiel macht das Problem anschaulich: Zwei Personen starten jeweils mit 500.000 Euro und entnehmen jedes Jahr 20.000 Euro. Beide erzielen über 30 Jahre im Durchschnitt die gleiche Rendite von 7%, allerdings in unterschiedlicher Reihenfolge. Anleger A (blaue Kurve in Abbildung) profitiert zu Beginn von guten Börsenjahren - am Ende stehen rund 1,1 Millionen Euro. Anleger B (rote Kurve in Abbildung) erlebt in den ersten Jahren Verluste. Trotz gleicher Durchschnittsrendite ist sein Kapital nach knapp 30 Jahren aufgebraucht. Das zeigt: Identische Durchschnittswerte können zu völlig unterschiedlichen finanziellen Ergebnissen führen. Gerade in den ersten Ruhestandsjahre...

Warum Katzen Gras fressen – aktuelle Evidenz zur Haarballen-Hypothese. Blog#225

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Fast jeder Katzenhalter kennt das Szenario: Die Katze mümmelt an einem Grashalm, kaut darauf – und kurze Zeit später liegt ein Haarballen auf dem Teppich. Aber wozu das Ganze? Neue Untersuchungen deuten darauf hin, dass Gräser den Tieren helfen könnten, Haare, die sie verschluckt haben, effizienter loszuwerden. Hintergrund Dass Fleischfresser (Carnivoren) gelegentlich pflanzliches Material aufnehmen, ist in verschiedenen Tierarten dokumentiert. Zwei Hauptgedanken existieren, um das Phänomen zu erklären: Parasiten-Hypothese: Pflanzliche Fasern könnten dazu beitragen, Parasiten (z. B. Würmer) im Verdauungstrakt mechanisch zu stören oder deren Ausscheidung zu fördern. Hinweise dazu stammen aus Beobachtungen bei Wölfen oder Schimpansen. Haarballen-Hypothese: Pflanzenfasern erleichtern das Zusammenlagern verschluckter Haare (Aggregieren) und deren anschließende Ausscheidung. Diese Haare stammen vor allem von der Fellpflege, können aber auch durch das Fressen von Beutetieren aufgenommen werd...

Digitale Reiseplanung im Praxistest – 16 Tage im Nordwesten der USA. Blog#224

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Im September unternahmen wir eine 16-tägige individuelle Mietwagen-Rundreise durch Nordkalifornien und Oregon, mit Start und Ziel in San Francisco. Gleichzeitig testeten wir, wie zuverlässig sich moderne digitale Tools – insbesondere KI-Anwendungen und Apple Karten – in der Praxis für die Planung und Durchführung einer längeren Autoreise eignen.  Mietwagen mit CarPlay – der digitale Beifahrer Wir haben unseren Mietwagen bei Hertz direkt am Flughafen in San Francisco übernommen – fast alle Fahrzeuge dort sind inzwischen mit Apple CarPlay ausgestattet. Besonders praktisch war, dass ich mein iPhone einfach per USB-C Adapter anschließen konnte: So ließen sich die in Apple Karten geplanten Tagesrouten mit ihren einzelnen Wegpunkten bequem als „Reiseführer“ abspeichern. Im Auto genügte dann ein Fingertipp, und die Navigation startete sofort, inklusive Zwischenstopps, Aussichtspunkten und kleiner Abstecher.  Mobile Daten ohne böse Überraschung Um auch unterwegs genauso flexibel wie z...

Glutamat und Umami: Biochemie, Neurophysiologie und Kulturgeschichte eines missverstandenen Moleküls. Blog#223

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Kaum ein Molekül ist so allgegenwärtig und zugleich so umstritten wie Glutamat. In der Küche verleiht es Speisen einen vollmundigen Geschmack , die wir als „ umami “ wahrnehmen. Im Nervensystem spielt es eine zentrale Rolle bei Lernprozessen, Gedächtnisbildung und der Steuerung der Motorik . Und doch wird Glutamat in der öffentlichen Wahrnehmung oft als problematischer Zusatzstoff angesehen. Wie passt das alles zusammen? Umami: Die fünfte Geschmacksrichtung Über viele Jahrzehnte ging die Geschmacksforschung davon aus, dass der Mensch lediglich vier Grundgeschmacksrichtungen unterscheiden kann: süß, sauer, salzig und bitter. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang es dem japanischen Chemiker Kikunae Ikeda, aus Meeresalgen Glutamat zu isolieren und den charakteristischen, herzhaften Geschmack als eigene Geschmacksqualität zu definieren – er nannte ihn Umami . Kurz darauf gründete Ikeda ein Unternehmen, das Mononatriumglutamat (MSG) als Geschmacksverstärker vermarktete. Wichtig zu wis...

Welche Lithiumorotat-Dosierung könnte vor Alzheimer schützen? Blog#222

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In meinen drei letzten Blogs ( #219 , #220 und #221 ) habe ich beschrieben, dass niedrige Lithiumspiegel mit einem erhöhten Alzheimer-Risiko in Verbindung gebracht wurden und dass eine gezielte Ergänzung daher als möglicher Ansatz diskutiert wird. Ausserdem habe ich gezeigt, dass Lithiumorotat gegenüber anderen Lithium-Salzformen Vorteile haben könnte. In diesem Beitrag gehe ich nun zwei Kernfragen nach: (1) Welche Lithiumorotat-Dosierung kommt als präventiver Ansatz gegen Alzheimer in Betracht? (2) Wie lässt sich diese praktisch umsetzen?  Dosierungsüberlegungen: 1 mg elementares Lithium täglich? Aktueller Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse: Klinische Studien : Mehrere randomisierte Studien bei Patienten mit MCI (Mild Cognitive Impairment, einer frühen Vorstufe der Demenz) zeigen, dass Lithiumcarbonat in niedrigen Serumspiegeln von 0,25–0,5 mmol/L (deutlich unter den psychiatrisch üblichen 0,6–1,2 mmol/L) über 12–36 Monate den kognitiven Abbau verlangsamte und Liquor-...

Lithiumorotat vs. Lithiumcarbonat: Unterschiede in Wirkung und Verteilung bei Alzheimer. Blog#221

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Lithiumpräparate haben seit Jahrzehnten einen festen Platz in der Psychiatrie. Klinisch etabliert ist Lithiumcarbonat (LiC), das seit den 1970er-Jahren in vielen Ländern zur Behandlung bipolarer Störungen zugelassen ist. Lithiumorotat (LiO) hingegen besitzt keinen Arzneimittelstatus: In der EU, einschließlich Deutschland, darf es weder als Medikament noch als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden; in den USA ist es zwar als ‚dietary supplement‘ im Handel, jedoch ohne FDA-Zulassung. Trotz fehlender Zulassung wird LiO seit den 1970er-Jahren kontrovers diskutiert. Neuere präklinische Studien zu Alzheimer, die ich in Blog#219 und Blog#220 vorgestellt habe, deuten darauf hin, dass das begleitende Anion – Orotat im Unterschied zu Carbonat – die Gewebeverteilung von Lithium beeinflussen könnte. Sollte sich dies in klinischen Studien bestätigen, wäre es von grundsätzlicher Bedeutung für zukünftige Therapieansätze. Salzform und Dissoziation – mehr als nur eine Begleiterscheinung? Lithiu...