Bahnbrechende klinische CRISPR-Ergebnisse zur Behandlung einer Erbkrankheit. Blog#11

 

CRISPR/Cas9 - dieses Kürzel steht für ein neues Verfahren, um DNA-Bausteine im Erbgut zu verändern, so einfach und präzise, wie es bis vor kurzem unvorstellbar war. Obwohl es aus Bakterien stammt, funktioniert diese „Gen-Schere“ in nahezu allen lebenden Zellen und Organismen: Sie verspricht neue Möglichkeiten gegen Aids, Krebs und eine Reihe von Erbkrankheiten – aber auch bei der Züchtung von Pflanzen und Tieren.

Mit Hilfe dieses Verfahren sollte es möglich sein fehlerhafte Genabschnitte, wie sie auch bei menschlichen Erbkrankheiten auftreten, zu entfernen bzw. auszuschalten und damit die entsprechenden Krankheiten zu behandeln.

In dieser Woche wurden neue, bahnbrechende klinische Ergebnisse mit CRISPR/Cas9 zur Behandlung einer Erbkrankheit, der Transthyretin (TTR)-vermittelten Amyloidose (ATTR), veröffentlicht, die ich im heutigen Blog kurz vorstelle.

Background zu Transthyretin (TTR)-vermittelter Amyloidose (ATTR)

Die hereditäre ATTR-Amyloidose wird durch einen Fehler oder eine Mutation im Transthyretin (TTR)-Gen verursacht, der vererbt wird (d. h. in Familien vorkommt). Die Mutation führt zu einem abnormen TTR-Protein, das instabil, sich falsch faltet und dadurch Aggregate bildet, die sich als Amyloid in verschiedenen Organen und Geweben des Körpers ablagern.

Menschen mit dieser Erkrankung entwickeln daher im Erwachsenenalter schwere Nervenschmerzen, Taubheitsgefühle und Herzversagen. Die mittlere Überlebenszeit beträgt zwischen drei und fünf Jahre nach der Diagnose.

Weltweit leiden etwa 50.000 Menschen unter der angeborenen Form, bis zu einer halben Million Menschen leiden unter einer spontan auftretenden Variante.

TTR wird hauptsächlich in der Leber gebildet. Seine Aufgabe ist es, das Hormon Thyroxin und Retinol (Vitamin A) im Körper zu transportieren, daher der Name Transthyretin.

Klinische Studie

Da das fehlerhafte TTR-Protein nahezu ausschließlich in der Leber gebildet wird und ursächlich für die Erkrankung ist, war es naheliegend das TTR-Gen in Leberzellen durch eine CRISPR/Cas9-Gentherapie auszuschalten.

Daher wurde einer Gruppe von fünfzehn Patienten die an ATTR litten vor etwa einem Jahr mit der neuartigen Gentherapie behandelt, Ziel war eine möglichst komplette und dauerhafte Abschaltung des fehlerhaften TTR-Gens (weitere Details hier).

Interessanterweise wurde die klinische Studie mit einer Nanopartikel-Formulierung durchgeführt, deren äußere Lipidschicht so funktionalisiert ist, dass die Partikel nur von Leberzellen aufgenommen werden können. In den Nanopartikeln ist mRNA mit der Information zur Bildung der Genschere, sowie einer Führungs-RNA enthalten. Nach der Aufnahme in die Leberzelle werden die mutierten Gensequenzen zerschnitten und vom zelleigenen Reparatursystem nicht mehr richtig repariert und somit kein (falsch gebildetes) TTR-Protein mehr hergestellt das in das Blutsystem abgegeben werden kann.

Abb. 1: Mechanism of action of CRISPR-Cas9 in-vivo gene editing. 

Eine einmalige intravenöse Infusion der Gentherapie führte tatsächlich zu einer dosisabhängigen Reduktion des TTR-Proteins und in der höchsten Dosisgruppe wurde die Menge des TTR-Proteins um 93% gesenkt. Ebenfalls erfreulich und hochrelevant war die Beobachtung, dass die Behandlung gut vertragen wurde und die reduzierte Menge an TTR-Protein im Blut zeitunabhängig (zwei bis zwölf Monate) stabil blieb.

Zukünftig muss sich allerdings noch zeigen, ob diese einmalige Gabe der Gentherapie die Erkrankung langfristig tatsächlich stoppen oder gar lindern kann.

Die Hoffnungen sind allerdings hoch, da ein 2018 von der FDA (amerikanischen Zulassungsbehörde) und EMA (europäische Zulassungsbehörde) zugelassenes Medikament („Patisiran“) die Menge von falsch gefaltetem TTR-Protein um 80% senkt und in der Praxis gut wirksam ist. Dieses Medikament basiert auf einer alternativen Technologie (small interfering RNA- oder siRNA-Technologie mit der gezielt die Produktion ausgewählter Proteine unterbunden werden kann), muss aber, aufgrund der kurzen Wirkdauer der RNA, alle drei Wochen per Infusion verabreicht werden (Jahrestherapiekosten betragen 503.155€).

Die Erwartung ist, dass die CRISPR/Cas9 Gentherapie hinsichtlich Verabreichung (einmalige Gabe!), Wirksamkeit und Kosten der bereits zugelassenen Therapieoption mit Patisiran überlegen ist.

Fazit:

  • Die CRISPR/Cas9 Genschere wurde in Patienten erstmals intravenös mittels einer Nanopartikel-Formulierung zur Deaktivierung eines Gens erfolgreich eingesetzt.
  • Die Konzentration des toxischen Proteins konnte langfristig (bis zu einem Jahr) signifikant reduziert werden. 
  • In naher Zukunft wird sich zeigen, ob sich der Krankheitsverlauf in ATTR-Patienten signifikant bessert und ob diese Technologieplatform für die Therapie vielfältiger weiterer Erbkrankheiten eingesetzt werden kann!
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com 

Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönliche Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.

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