Zwei Jahre Corona Pandemie - fünf Beobachtungen! Blog#16
Anfang Januar 2020 erzählte mir ein Arbeitskollege, dass ein für Herbst 2020 geplantes Meeting in Shanghai möglicherweise nicht stattfinden könne. Ein neuartiger Virus sei in Wuhan aufgetreten und China höchst alarmiert. Ich nahm das achselzuckend zur Kenntnis und konnte mir damals nicht im Geringsten vorstellen, wie dieses Corona-Virus das Leben aller Menschen weltweit in den folgenden zwei Jahre beeinflussen würde.
Wir befinden uns nun im dritten Jahr der Covid-19 Pandemie und in den etwas mehr als zwei Jahren ist viel passiert. Manches ist erstaunlich gut gelaufen, vor allem die rasche Entwicklung von mRNA Impfstoffen und neuer Medikamente zur Therapie von Covid-19. Aber viele Dinge sind auch richtig schlecht gelaufen. Hier fünf ausgewählte Beobachtungen zur Pandemie der letzten zwei Jahre.
1. Die Entwicklung von gut wirksamen mRNA Impfstoffen war atemberaubend schnell! Und es wäre ratsam gewesen den Vektor-Impfstoff in Europa nicht zuzulassen.
BioNTech und Pfizer haben 11 Monate nachdem der genetische Code des SARS-2 Virus bekannt war eine Notfallzulassung für ihren Covid-19 Impfstoff erhalten. Diese unglaublich schnelle Entwicklung eines wirksamen mRNA Impfstoffes war möglich, weil sich zwei ideal ergänzende, kompetente Partner fanden: BioNTech mit jahrzehntelanger Erfahrung im mRNA Umfeld und Pfizer mit seiner Expertise in klinischen Studien, Produktions- und Zulassungsverfahren. Und ebenfalls ganz wichtig: die beiden Teams arbeiteten effizient, motiviert, ohne Einmischung von staatlicher Seite aber mit Unterstützung der Zulassungsbehörden am gemeinsamen Ziel.
Ähnlich schnell gelang die Zulassung des mRNA Impfstoffes der amerikanischen Biotechfirma Moderna.
Der von der Oxford University und der Pharmafirma Astra-Zeneca entwickelte und von der EMA, der europäischen Zulassungsbehörde, zugelassene Vektor-Impfstoff "Vaxzevria" zeigte in ersten klinischen Studien gute Wirksamkeit. Allerdings wurde schnell klar, dass die Qualität der klinischen Daten und des produzierten Impfstoffes erschreckend schlecht war! Daher wurde dieser Impfstoff in den USA (und in anderen Ländern ausserhalb der EU, wie zB der Schweiz) nicht zugelassen!
2. Die meisten Menschen haben keine Ahnung, wie Wissenschaft funktioniert. Und das ist ein großes Problem!
Die wissenschaftliche Ausbildung der Mehrzahl der Menschen in diesem Land ist unzureichend. Das führt dazu, dass die Menschen nicht verstehen wie Wissenschaft funktioniert, wie wissenschaftliche Daten interpretiert werden und welche Schlussfolgerungen als gesichert oder hypothetisch gelten können.
Bei einem neuen Krankheitserreger, wie SARS-CoV2 braucht es Zeit, bis man herausgefunden hat, welche Eigenschaften er hat, wie infektiös, wie gefährlich er ist, und welche Möglichkeiten existieren sich vor dem Erreger zu schützen oder eine durch den Virus verursachte Erkrankung zu verhindern oder zu behandeln. Das ist ein Lernprozess und bedeutet, dass es anfangs nur Annahmen gibt, die im Laufe der Zeit bestätigt oder wieder verworfen und korrigiert werden. Das ist kein Problem der Wissenschaft, sondern ein Problem der ungeduldigen Menschen! So sollten zB die Änderungen der RKI-Richtlinien oder eine Aktualisierung der Haupt- und Nebenwirkungen von Impfstoffen freudig begrüsst werden! Diese Änderungen sollten als Zeichen dafür gelten, dass die Wissenschaft dazugelernt hat und nicht dafür, dass man absichtlich in die Irre geführt wurde!
Auch die anfangs immer wieder gestellte Forderung den Patentschutz für die Herstellung von mRNA Vakzinen auszusetzen, um so die Menge an kurzfristig verfügbaren Impfdosen zu erhöhen, zeigt, dass viele Menschen keine Kenntnisse im Bereich der Impfstoffforschung, Entwicklung und Produktion haben. Tatsächlich fehlte es schlicht an Herstellern, die technisch in der Lage waren die Impfstoffe in der geforderten Qualität herzustellen (BioNTech und Moderna waren und sind an der Vergabe von Sonderlizensen an kompetente, zertifizierte Hersteller sehr interessiert).
3. Der Staat hat sich um die Gesundheit der Menschen und um die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bemüht. Es gibt viel Luft nach oben!
In einer Pandemie ist es extrem wichtig schnell das Richtige zu tun und dabei passieren natürlich auch Fehler. Man muss aber aus den Fehlern auch lernen (wollen)!
Die Impfstoffbeschaffung an die EU zu delegieren war ein sehr großer Fehler! Durch die verzögerte Impfstoffbeschaffung konnte eine breite Impfkampagne erst mit einige Monaten Verspätung durchgeführt werden. Das kostete viele Menschenleben und verursachte massiven wirtschaftlichen Schaden.
Der deutsche Staat unterstützte mit massiven Hilfsleistungen die Wirtschaft, bezahlte in großem Umfang Kurzarbeitergeld und damit verbundene Sozialleistungen um möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Von der ganz großen Pleitewelle blieb die Wirtschaft daher bislang verschont. Es wird sich aber noch zeigen wie viele Unternehmen nach dem Auslaufen der staatlichen Hilfsmaßnahmen und rechtlicher Sonderregelungen, insolvent werden und welche langfristigen Auswirkungen die Pandemie-bedingte extrem hohe, weltweite Staatsverschuldung haben wird.
In einem von der Institut für Wirtschaft verfassten Kurzbericht wird die wirtschaftliche Entwicklung ausgewählter OECD-Länder während der Corona-Krise verglichen. Die liberalen und gut organisierten Staaten wie Dänemark, Schweden, Südkorea oder Schweiz schnitten gut ab, während Länder wie Deutschland, das Vereinigte Königreich und Spanien am Ende der Tabelle lagen. Bleibt zu hoffen, dass "man" daraus für zukünftige Krisenzeiten lernt!?
- Nur ein Beispiel für eine falsche politische Entscheidung ist die 300 Millionen Euro teure Beteiligung des Staates an dem Tübinger Biotech Unternehmen CureVac. CureVac, so die Annahme der Politiker, sei führend in der Entwicklung und anschließender Produktion eines Covid-19 Impfstoffes. Tatsächlich hat CureVac aber, im Gegensatz zu vielen anderen vergleichbaren Biotech-Firmen, nicht geliefert! Die Kenntnisse und Fähigkeiten der Politiker, und deren Berater, sind schlicht unzureichend um gute Entscheidungen in einem derart komplexen Umfeld zu treffen (hätte man einschlägige Experten aus der Pharmaindustrie bei der Entscheidungsfindung mit einbezogen, wäre dieser Fehler vermeidbar gewesen).
4. Deutschland ist zu großen Teilen ein Digitalisierungs-Entwicklungsland.
Vor der Corona-Pandemie hinkte Deutschland, in vielen Bereichen, bei der Digitalisierung unglaublich weit hinterher. QR-Codes, bargeldloses Bezahlen wurde kaum genutzt, Homeoffice gab es nur in Ausnahmefällen. Das hat sich glücklicherweise etwas verbessert, wir sind aber in den Behördenstuben wie auch im Schulbetrieb weiterhin auf der Stufe eines Digitalisierungs-Entwicklungslandes. Spannend zu beobachten, ob Corona ein heilsamer Schock für eine Verbesserung der digitalen Infrastruktur war!
5. Covid-19 kann eine Generalprobe für die nächste, deutlich gefährlichere, Pandemie sein. Glück im Unglück?
Bei diesem Coronavirus hatten wir es glücklicherweise mit einem vergleichsweise gut bekämpfbaren Gegner zu tun. Zu Beginn der Pandemie hatten wir bereits 20 Jahre Erfahrung mit eng verwandten Coronaviren (zB SARS, MERS). Von Anfang an war klar, welche Arten von Impfstoffen und welche Ansatzpunkte für SARS-CoV2 Therapeutika, erfolgversprechend sind. Und dazu kam auch noch das unverschämte Glück, dass die mRNA Technologie, nach jahrzehntelanger Grundlagenforschung, zu Beginn der Pandemie reif für die Entwicklung hochwirksamer Impfstoffe war.
Das war wirklich ausgesprochen viel Glück im Unglück!
Das nächste Mal werden wir vermutlich nicht so viel Glück haben und darum müssen wir heute ausreichende Ressourcen bereitstellen um uns auf den nächsten Erreger angemessen vorzubereiten (zB schnelle Entwicklung von Impfstoffen, Optimierung der weltweiten Impf-Infrastruktur, effiziente Entscheidungs- und Kommunikationsstrukturen, soziales Verhalten incl. Einfluss von Social Media während einer Pandemie...).
Fazit:
- Bei der Beschaffung von Impfstoffen hat die EU anfänglich versagt und daher auch den minderwertigen, von Astra-Zeneca/Oxford University entwickelten Impfstoff zugelassen.
- Meine Erst- und Zweitimpfung erhielt ich mit dem Impfstoff von Astra-Zeneca/Oxford University, da ich damals kein alternatives Impfangebot bekam. Ich hätte besser noch einige Wochen auf den hochwertigeren Impfstoff von BioNTech oder Moderna warten sollen!
- Der Staat hat sich bemüht, die negativen Auswirkungen der Pandemie auf Gesundheit und Wirtschaft möglichst gering zu halten. Im Vergleich mit anderen Nationen waren diese Anstrengungen allerdings nur mäßig erfolgreich und ich hoffe sehr, dass die (zukünftigen) Entscheidungsträger daraus lernen werden.
- Mich hat weiterhin sehr überrascht,
- wie viele Menschen irrationale Ängste vor Impfungen haben und wie viele Corona-Leugner/ Weltverschwörungstheorethiker es in Deutschland gibt, und
- wie viele Menschen keine rasche Rückkehr zum normalen, „freien“ Leben anstreben. Ist das aus Vorsicht und Angst vor dem Erreger oder weil sie sich in der staatlich alimentierten Sondersituation komfortabel eingerichtet haben?
- Wir müssen uns konsequent und ernsthaft auf die nächste, möglicherweise deutlich bedrohlichere, Pandemie vorbereiten indem wir aus der Generalprobe "Covid-19" lernen!
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönliche Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.