Fettleber durch zuviel Fruchtzucker! Blog#26

In Deutschland haben Hochrechnungen zufolge rund 18,4 Millionen Menschen eine nicht auf übermäßigem Alkoholkonsum beruhende Fettlebererkrankung. Die meisten wissen von Ihrem Leiden allerdings nichts, weil sie keine Beschwerden haben und daher die Diagnose nicht gestellt wurde. Nimmt die Verfettung ungehindert ihren Lauf, entzünden sich die angeschlagenen Leberzellen und verkümmern mit der Zeit zu Narbengewebe. Je weiter die Vernarbung, die Zirrhose, voranschreitet, desto eher kommt es zu Komplikationen wie Leberversagen und Leberkrebs.

Was ist eine Fettleber und wie entsteht sie? Wie wird diese Erkrankung diagnostiziert? Was können Betroffene dagegen tun? Gibt es wirksame Medikamente?

Was ist eine Fettleber und wie entsteht sie?

Eine gesunde Leber sollte kein oder nur wenig Fett enthalten. Muss die Leber aber mehr Fette speichern, als sie abgeben kann, entwickelt sich eine sogenannte Fettlebererkrankung. Je nachdem, wie groß der Anteil an Leberzellen ist, die von der Verfettung betroffen sind, unterscheiden Ärzte zwischen folgenden Formen: mild (weniger als ein Drittel der Leberzellen sind betroffen), mäßig (zwei Drittel der Leberzellen sind betroffen) und schwer (mehr als zwei Drittel der Leberzellen sind betroffen). Grundsätzlich wird zwischen einer alkoholischen Fettleber (AFL) und einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL) unterschieden. Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung ist die am weitesten verbreitete Lebererkrankung in den Industriestaaten: etwa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen. Die meisten davon sind Menschen über 60 Jahre, Männer häufiger als Frauen, aber auch Kinder und Jugendliche können bereits unter einer Fettleber leiden. Eine Fettleber-Erkrankung ist schmerzfrei, erhöht jedoch das Risiko für weitere Erkrankungen. 

Begünstigt wird die Entstehung einer Fettleber durch einen ungesunden Lebensstil: zu viele Kalorien und zu wenig Bewegung machen die Leber krank. 

In den letzen Jahren hat sich zudem herausgestellt, dass Fructose, umgangssprachlich als Fruchtzucker bekannt, ein eigenständiger Risikofaktor für die Ausbildung einer Fettleber ist. 

Die Fructose gehört zur Gruppe der Kohlenhydrate (allgemeine chemische Formel: Cx(H2O)x) und zählt ebenso wie Glucose (Traubenzucker) und Galactose (Schleimzucker) zu den sogenannten Einfachzuckern (Monosaccharide).

Kurze Info zu gängigen Zuckern:

  • Glucose, Fructose und Galactose sind Monosaccharide (Einfachzucker), siehe Abbildung 1.
  • Saccharose  (Haushaltszucker oder einfach Zucker genannt) und Lactose (Milchzucker; in Milch enthaltener Zucker) sind Disaccharide (Zweifachzucker) wobei Saccharose aus je einem Molekül Glucose und Fructose, Lactose aus je einem Molekül Glucose und Galactose besteht - dh der gängige Haushaltszucker besteht zu 50% aus Fructose!

Abb. 1: Chemische Strukturen der Einfachzucker Glucose, Galactose, Fructose sowie der Zweifachzucker Saccharose und Lactose.

Fructose als Einfachzucker kommt in der Natur vor allem in Kernobst (zB Äpfel und Birnen ca 6g/100g), Beeren (zB Weintrauben ca 7,5g/100g) sowie in exotischen Früchten und im Honig (ca. 40g/100g) vor. 

Hinsichtlich der Kalorienmenge sind Fructose und Glucose vergleichbar, Fructose ist allerdings etwa doppelt so süß wie reine Glucose. Daher wird sie von der Lebensmittelindustrie besonders gerne zum Süßen eingesetzt – oft in Form von mit Fructose angereichertem Sirup, sogenanntem High-Fructose Corn Syrup (HFCS) aus Maisstärke. 

  • HFCS ist ein aus Glucose und Fructose bestehendes Gemisch. Zunächst wird Glucose industriell aus Maisstärke durch enzymatische Hydrolyse unter Verwendung der Glucose-Amylase erzeugt. Danach wird Glucose teilweise durch die katalytische Wirkung des Enzyms Glucoseisomerase in Fructose umgewandelt. HFCS (Isoglucose) wird verwendet, weil Fructose eine höhere Süßkraft als Glucose bei ähnlichem physiologischen Brennwert aufweist. In den USA ist dieser High Fructose Corn Syrup zum wichtigsten Produkt der Maisstärkeindustrie aufgestiegen und hat den Haushaltszucker (Saccharose) vor allem bei Limonade und Softdrinks weitgehend verdrängt.

Fructose ist in dreierlei Hinsicht problematisch: 

  • Fructose wird ohne Umwege in Fett umgewandelt und in den Fettdepots gespeichert, 
  • Fructose verhindert die Fettverbrennung bei gleichzeitig vermehrtem Fettaufbau, 
  • Fructose blockiert das Sättigungsgefühl.

Landläufig gelten aber ausgerechnet Lebensmittel mit hohem Fructosegehalt, wie zB Fruchtsäfte und viel Obst, als gesund. Dass das ein Trugschluss ist, demonstrierte 2021 eine am Universitätsspital Zürich durchgeführte Studie:

  • knapp hundert gesunde junge Männer mit normalem Körpergewicht hatten sich bereit erklärt, sieben Wochen lang dreimal täglich ein Testgetränk von 200 mL zu sich zu nehmen. 
  • Bei einem Viertel der Probanden enthielt dies keinen Zucker (Kontrollgruppe) und bei den übrigen zu jeweils gleichen Teilen entweder Fructose (Fruchtzucker), Glucose (Traubenzucker) oder Saccharose (Haushaltszucker, bestehend aus je einem Molekül Glucose und Fructose). 

Wie die Studienautoren im „Journal of Hepatology“ (siehe hier) berichten, wogen die mit den gezuckerten Getränken versorgten Probanden am Ende der Versuchszeit zwar nicht mehr als davor. In einigen Lebern hatten sich allerdings teils merkliche Fettmengen angereichert. Am ausgeprägtesten war dieser Effekt bei den Männern, die fruktosereiche Getränke zu sich genommen hatten, und etwas geringer bei jenen, die mit saccharosehaltigen Drinks versorgt worden waren. Keine Fettablagerung fanden die Wissenschaftler dagegen bei den Teilnehmern der anderen beiden Gruppen (Kontrollgruppe ohne Zucker und „Glucose-Gruppe“).

Das ergibt Sinn, denn anders als Glukose, das von vielen verschiedenen Organen, besonders dem Gehirn, direkt verwertet werden kann, wird Fruktose zunächst nur in der Leber verstoffwechselt. 

Die Erkenntnis, dass mit Fruktose gesüßte Lebensmittel die Leber verfetten, sollte dazu motivieren Lebensmittel mit sehr hohem Fructose-Gehalt wie zB „Wellness-Getränke“, Milchshakes, Müslis, Fertigkuchen, Fruchtjoghurts und viele andere Fertigprodukte zu meiden. Da Obst viele Faserstoffe enthält, wird der darin befindliche Fructose nur langsam im Darm freigesetzt. Aus Softdrinks und Fruchtsäften gelangt er dagegen sehr rasch in den Verdauungstrakt und von hier in die Leber, wo er zu Fett verarbeitet werde. Daher ist der Verzehr von Obst in moderaten Mengen (Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung etwa 250g/Tag oder „einer Handvoll“) weiterhin empfehlenswert. 

Wie wird eine Fettleber diagnostiziert?

Eine ausgeprägte Fettleber kann durch eine Ultraschalluntersuchung diagnostiziert werden. Da Menschen mit einer Fettleber überwiegend keine Symptome haben wird die Erkrankung häufig nur zufällig, zB im Rahmen einer Routine-Ultraschall oder Blutuntersuchung, entdeckt.

Ob eine Fettleber mit oder ohne Fibrose vorliegt kann man im Ultraschall nicht erkennen. Mit der Elastographie (Fibroscan) läßt sich der Fibrosegrad abschätzen. Eine sichere Aussage insbesondere im Hinblick auf den Schweregrad der Entzündung ist nur durch eine Biopsie (Nadelpunktion der Leber) möglich.

Was können Betroffene dagegen tun? 

Auch wenn die Erkrankung selbst keine Symptome hervorruft, sollte sie dennoch behandelt werden, da sich aus der Fettleber eine Leberentzündung, eine Leberfibrose oder Leberkrebs entwickeln kann.

Die erfreuliche Botschaft: die Leber kann sich im frühen Stadium durch Ernährungsumstellung und mehr körperlicher Bewegung durchaus wieder komplett regenerieren! Vor allem der Verzicht auf hochverarbeitete Lebensmittel und gesüßte Getränke, in denen sehr häufig große Mengen Fructose enthalten ist, bringen das Leberfett oft schon innerhalb weniger Wochen zum Schwinden.

Gibt es wirksame Medikamente?

Derzeit gibt es noch keine zugelassenen Medikamente für die Behandlung der Fettleber. Die einzige Therapie ist, wie oben beschrieben, die Änderung des Lebensstils. 

Da in den meisten industrialisierten Ländern die Zahl der Menschen mit Fettleber steigt, suchen Forscher weiter intensiv nach geeigneten Wirkstoffen. Derzeit befinden sich zahlreiche neue Medikamente in der klinischen Entwicklung. Die Medikamente unterscheiden sich in ihren Ansatzpunkten innerhalb der Lebererkrankung. Am weitesten entwickelt sind hier Obeticholsäure, Elafibranor, Cenicriviroc und Selonsertib. 

Fazit

  • Etwa ein Viertel der Menschen in industrialisierten Ländern haben eine nicht auf übermäßigen Alkoholkonsum beruhende Fettleber. Bleibt man untätig kann das zu Komplikationen wie Leberversagen und Leberkrebs führen.
  • Ein ungesunder Lebensstil und ein übermäßiger Konsum von Fructose (Fruchtzucker), speziell als Bestandteil eines Schokoriegels, Fertiggerichts, Fruchtsaftes oder gesüßten Getränks, sind maßgeblich verantwortlich für die Ausbildung einer Fettleber.
  • Der in den letzten Jahren rapide ansteigende Fructosekonsum stellt einen eigenständigen Risikofaktor für nicht alkoholbedingte Fettlebererkrankungen (nonalcoholic fatty liver disease) dar.
  • Eine Fettleber kann durch eine Ultraschalluntersuchung diagnostiziert werden. 
  • Es gibt derzeit keine zugelassenen wirksamen Medikamente. Allerdings kann eine Fettleber im frühen Stadium durch Ernährungsumstellung und mehr Bewegung komplett regeneriert werden!

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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com 
Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönliche Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.

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