Die Chemie der Klebstoffe - UHU, Sekundenkleber und Blutstillung! Blog#43

Die Entwicklung neuer, maßgeschneiderter Klebstoffe hat zu vielen Innovationen in der industriellen Fertigung, im Haushalt und im medizinischen Bereich geführt.

Was sind Klebstoffe? Was unterscheidet den Alleskleber UHU von einem Sekundenkleber? Wie stoppt ein vom Körper selbst entwickelter, natürlicher Zwei-Komponenten-Kleber eine Blutung?

Was sind Klebstoffe und welche Arten von Klebemitteln gibt es?

Will man zwei oder mehrere Teile miteinander verbinden benutzt man Klebstoffe. Allein in Deutschland werden pro Jahr mehr als 500.000 Tonnen Klebstoff hergestellt und verbraucht. Damit die Klebstoffe für den jeweiligen Einsatzzweck maßgeschneidert sind gibt es eine nahezu grenzenlose Zahl unterschiedlicher Klebstoffe: über 25.000 verschiedene Produkte werden von Klebstoffherstellern für unterschiedlichen Anwendungen angeboten.

In diesem Blog geht es um den Alleskleber „UHU“ und um die chemischen Grundlagen von Sekundenkleber und Zwei-Komponenten-Kleber.

Wer an Details zur Geschichte der Klebstoffentwicklung interessiert ist oder eine umfassendere Erläuterung verschiedenster Klebstoffe sucht, wird hier und hier fündig.

Wie unterscheidet sich der Alleskleber UHU von einem Sekundenkleber?

UHU besteht aus einer 40%-igen Lösung des Polymers Polyvinylacetat in den Lösungsmitteln Methylacetat und Aceton. UHU wird auf eine Werkstoffoberfläche aufgetragen, das andere Werkstück wird darauf gelegt und erst durch das Verdunsten des Lösungsmittels nähern sich und ordnen sich die Polyvinylacetat Bestandteile und bilden einen homogenen, klebrigen Film (Abb. 1).

Abb. 1: Kohäsionskräfte von Polyvinylacetat zu Cellulose.

UHU wurde als erster gebrauchsfertiger, klarer Kunstharz-Klebstoff bereits vor 90 Jahren entwickelt. Der spezifische Geruch dieses Klebers stammt übrigens vom leichtflüchtigen Methylaceton und Aceton.

Interessantes Detail: der im UHU enthaltene Klebstoff - Polyvinylacetat - ist in Kombination mit Zucker, Aromen, Farbstoffe, Emulgatoren etc ein Hauptbestandteil des Kaugummi!

Sekundenkleber basieren auf einem völlig anderen Prinzip. Bei dieser Klasse enthält der Klebstoff nicht bereits die für die Klebwirkung maßgeblichen Polymere. Sekundenkleber enthalten die monomeren Vorstufen, sogenannte Cyanacrylatester-Verbindungen! Diese Vorstufen reagieren nach dem Auftragen in einer schnell ablaufenden chemischen Reaktion zu einem Cyanacrylsäureester-Polymer durch den die zu verklebenden Teile miteinander verbunden werden (siehe Abb. 2).

Die Doppelbindung des Cyanacrylatesters ist durch die Anwesenheit zweier elektronenziehenden Gruppen aktiviert (siehe Abb. 2). Kommt dieses aktivierte Monomer nun mit Spuren von Wasser, zB Luftfeuchtigkeit, in Kontakt, reagiert das monomere Cyanacrylat-Molekül zu einem langkettigen alpha-Cyanacrylsäureester-Polymer. Dieser Vorgang wird als anionische Polymerisation bezeichnet, da die Startreaktion durch das im Wasser enthaltene anionische Hydroxidion initiiert wird. Diese blitzartige Kettenbildung ist das, was wir als Aushärten des Klebstoffs wahrnehmen und was die beiden Teile miteinander verbindet, also „verklebt“.

Abb. 2: Sekundenkleber besteht aus Cyanacrylatester, der nach Kontakt mit Spuren von Wasser zu langkettigen alpha-Cyanacrylsäureester-Polymeren reagiert.

Heute werden Sekundenkleber für alle Arten von Verklebungen eingesetzt - zB in der Medizin zum Einkleben von Prothesen, zum Verkleben von Knochen, Zahnersatz oder Hautschnittwunden; auch Flugzeugflügel werden heutzutage mittels Sekundenkleber an den Flugzeugrumpf angeklebt!

Sekundenkleber werden zu den Ein-Komponenten-Klebstoffen gezählt, da sie nur aus einer Verbindung - den Monomeren - bestehen. Die zweite Reaktionskomponente, die das Abbinden des Klebstoffs einleitet, ist nicht im Kleber mit enthalten, sondern stammt in unserem Beispiel aus der Luftfeuchtigkeit.

Zwei-Komponenten-Kleber

Im Gegensatz dazu werden bei Zwei-Komponenten-Klebstoffen zwei chemische Verbindungen gezielt in einem bestimmten Verhältnis miteinander gemischt. Die beiden Grundkomponenten, häufig als Harz und Härter bezeichnet, befinden sich in zwei getrennten Behältern und erst durch Vermischen von Harz und Härter beginnt die Aushärte-Reaktion.

Eine wichtige Klasse der Zwei-Komponenten-Kleber sind die Epoxidharz-Klebstoffe.

Die untenstehende Abbildung 3 verdeutlicht das Prinzip dieses Zwei-Komponenten-Klebers. Ein Prepolymer mit reaktiven Epoxidgruppen (einem gespannten 3-Ringsystem), hier auf Basis von Bisphenol A wird mit einem Härter, hier einem Polyamin, umgesetzt (siehe Abb. 3 links oben). Das Amin reagiert rasch und in temperaturabhängiger Weise mit dem gespannten 3-Ringsystem unter Ausbildung von polymeren Strukturen.

Abb. 3: Epoxidharz-Klebstoff: Kombination des Prepolymer auf Basis von Bisphenol A mit einem Härter (Polyamin). Die Aushärtung setzt sofort nach dem Mischen der beiden Komponenten in temperaturabhängiger Art und Weise ein.

Diese Art von Kleber findet breite Anwendung im Fahrzeug- oder im Flugzeugbau, bei Rotorblättern von Windkraftanlagen oder im Haushalt. In der Mikroelektronik werden Epoxidharz-Klebstoffe mit zusätzlichen chemischen Verbindungen versetzt und als elektrisch leitfähige Klebstoffe verwendet.

Zwei-Komponenten-Kleber sind aber nicht nur in der industriellen Fertigung und im Haushalt von großer Bedeutung, sondern auch bei der im menschlichen Körper ablaufenden natürlichen Blutstillung!

Blutstillung durch einen natürlichen Zwei-Komponenten-Kleber!

Im gesamten Tierreich erfolgt die Blutstillung dadurch, dass lösliche Proteine im Blutplasma in ein unlösliches, vernetztes faserförmiges Material umgewandelt wird, dass sich dann über die Wunde legt und diese verklebt - also abdichtet.

Dabei wird zunächst das lösliche Plasmaprotein Fibrinogen durch die Protease Thrombin gespalten, wodurch sich Fibrinmonomere bilden. Diese Monomere polymerisieren spontan zu einem lockeren Netz aus Fibrinfasern. Eine anschließende Quervernetzung mittels eines weiteren Enzyms (Faktor XIIIa) führt schließlich zu einem stabilisierten gitterartigen Netzwerk, in dem die Blutzellen aufgefangen werden.

Wir haben es hier mit einem Zwei-Komponenten-Kleber zu tun: die Mischung zweier Komponenten - Fibrin und Thrombin - führt zur Bildung einer polymeren Struktur, die das Blutgefäß abdichtet.

Dieses Prinzip kann man in Form von Fibrinklebern für medizinische Zwecke auch tatsächlich nutzbringend einsetzen.

In den Fibrinklebern werden mittels einer speziellen Doppel-Spritze Fibrinogen (mindestens die 20-fache Konzentration wie im Blut) in der einen Spritze und gereinigtes Thrombin in der anderen Spritze verabreicht. Diese zwei Komponenten bilden am Applikationsort ein stabilisiertes, natürliches Polymer und stillen so die Blutung.

Die Fibrinkleber finden vielfältige medizinische Einsatzmöglichkeiten, da sie gut verträglich sind und vom Körper komplett abgebaut werden. Besonders nützlich sind diese Kleber für das Abdichten kleiner und/oder schwer zugänglicher Gefäße und für das Verschließen von Wundrändern weicher innerer Organe (zB Leber oder Lunge).

Fazit

  • Neu entwickelte, innovative Klebstoffe sind von großer Bedeutung in der modernen industriellen Fertigung und in der Medizin.
  • Das tiefe Verständnis der grundlegenden chemischen Vorgänge beim Kleben ermöglicht die Entwicklung neuer maßgeschneiderter Klebstoffe.
  • Auch im menschlichen Körper und in der Natur sind „natürliche Kleber“ von essentieller Bedeutung.

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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com 
Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.

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