Krebsvorsorge-Screening und Vermögens-Portfolio: Wie man gute Entscheidungen trifft! Blog#55
Richtige Entscheidungen können nicht immer logisch auf der Grundlage verfügbarer statistisch relevanter Informationen getroffen werden. Daher ist es wichtig, bei Entscheidungen mit unbekannten Risiken zusätzliche Entscheidungsstrategien einzubeziehen. Eine Möglichkeit besteht darin, sich auf einfache Regeln oder Heuristiken zu verlassen. Dies kann oft zu schnelleren und besseren Entscheidungen führen als eine ausführliche Analyse von Daten und Zahlen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Intuition und Erfahrung zu nutzen, um Entscheidungen zu treffen. Diese letztgennannte Möglichkeit kann aus Zeitgründen leider hier nicht weiter besprochen werden.
In diesem Blog möchte ich richtige Entscheidungen auf Grundlage vorhandener Daten und auf Basis von Heuristiken veranschaulichen. Ein Beispiel soll zeigen, dass die Aufbereitung und verständliche Darstellung wissenschaftlicher Daten wichtig für eine informierte Entscheidung für oder gegen ein Krebsvorsorge-Screening ist. Ein weiteres Beispiel zeigt den Wert einfacher Regeln, auch Heuristiken genannt, für den Aufbau von Vermögens-Portfolios (weitere Beispiele siehe hier).
Wie entscheidet man ob man zu einem Krebsvorsorge-Screening geht? Wie entscheidet man sich für sein individuelles Vermögens-Portfolio: nobelpreisgekrönte Markowitz-Methode vs. heuristische 1/N-Regel?
Wie entscheidet man ob man zu einem Krebsvorsorge-Screening geht?
Krebsvorsorge-Screenings sind in der heutigen medizinischen Praxis ein gängiges Mittel, um eine frühzeitige Diagnose von Krebs zu ermöglichen. Die Idee dahinter ist einfach: je früher ein Krebs erkannt wird, desto besser sind in der Regel die Heilungschancen und desto weniger invasiv und kostspielig ist die Behandlung.
Eine wichtige Frage bei der Beurteilung des Nutzens von Krebsvorsorge-Screenings ist, wie gut sie dabei helfen, Krebs in einem frühen Stadium zu erkennen. Hier gibt es Unterschiede je nach Art des Krebses und der angewandten Screening-Methode.
Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Entscheidung für oder gegen ein Krebsvorsorge-Screening ist das individuelle Risiko des Patienten. Personen, die aufgrund von familiärer oder anderer Faktoren ein erhöhtes Krebsrisiko haben, können von Screening-Untersuchungen profitieren. Für Personen mit geringem Risiko, können sie hingegen unnötig sein und zu unnötigen medizinischen Eingriffen und Belastungen führen.
Es ist sehr wichtig zu verstehen: diese Krebsvorsorge-Screenings richten sich an Menschen, die keine Symptome oder erhöhte Risiken im Hinblick auf die gesuchte Krankheit haben. Falls zB eine familiäre Vorbelastungen oder Symptome bestehen ist eine Krebsvorsorge nach ärztlicher Beratung grundsätzlich sinnvoll!
Ich möchte hier die Chancen und Risiken eines Prostatakrebs-Screenings anhand statistischer Daten eingehender diskutieren. Weitere breit in Deutschland propagierte Krebs-Screenings, zB Brustkrebs- oder Darmkrebs-Screenings, werden auf der Internetseite des Harding-Zentrums für Risikokompetenz (hier) diskutiert.
Prostatakrebs ist eine der häufigsten Krebsarten bei Männern. Zur Vorsorge wird ab einem bestimmten Alter (meist ab 50 Jahren) eine jährliche Vorsorgeuntersuchung durchgeführt, bei der der Arzt die Prostata abtastet und einen PSA-Test (Prostata-spezifisches Antigen) durchführt. Der PSA-Test kann erhöhte Werte anzeigen, die auf eine Veränderung der Prostata hinweisen können. Allerdings kann ein erhöhter PSA-Wert auch andere Ursachen haben, wie beispielsweise eine Entzündung der Prostata oder eine gutartige Vergrößerung der Prostata.
Die Vorteile und Risiken eines solchen Screenings können durch die Auswahl und die "kreative" Präsentation der gesammelten Daten auf unterschiedliche Weise dargestellt werden. Das "Harding-Zentrum für Risikokompetenz" hat sich daher zur Aufgabe gemacht, wissenschaftlich erhobene Daten in sogenannten Faktenboxen verständlich und objektiv zusammenzufassen. Beim Prostatascreening sieht die Faktenbox so aus:
Diese Faktenbox zeigt auf einen Blick, dass durch Früherkennung 2 von je 1000 Männern vor dem Tod durch Prostatakrebs bewahrt werden konnten. Gleichzeitig wurden 155 Männer durch falsch-positive Testergebnis fälschlicherweise alarmiert und 51 Männer unnötig diagnostiziert und behandelt. Anhand dieser Daten sollte jeder Mann mit seinem Arzt entscheiden, ob ein Prostatakrebs-Screening für ihn sinnvoll ist.
Ähnliche Faktenboxen stehen hier für andere Krebs-Screenings und verschiedene andere Gesundheitsthemen zur Verfügung.
Insgesamt lässt sich sagen, dass Krebsvorsorge-Screenings nur dann sinnvoll sind, wenn sie auf Basis des individuellen Risikos und in Zusammenarbeit mit einem kompetenten und vertrauenswürdigen Arzt durchgeführt werden. Es ist auch wichtig, sich über die möglichen Risiken und Folgen von Screening-Untersuchungen zu informieren und auch andere Maßnahmen zur Krebsprävention in Betracht zu ziehen. Dazu gehören beispielsweise eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und das Vermeiden von Tabak- und Alkoholkonsum. Tatsächlich haben diese Änderungen im Lebensstils das Potenzial, weit mehr Leben zu retten als die Krebsvorsorge-Screenings!
Was man als Patient auch berücksichtigen sollte: der durchschnittliche Arzt hat einen Interessenkonflikt und neigt dazu defensive Entscheidungen zu treffen, um sich abzusichern. Er wird im Zweifelsfall eher zu einer Untersuchung zu viel raten. Frage deinen Arzt daher nicht, was er empfiehlt, sondern frage ihn, was er tun würde, wenn es ihn selbst, seinen Bruder oder seine Schwester beträfe.
Wie entscheidet man sich für sein individuelles Vermögens-Portfolio: nobelpreisgekrönte Markowitz-Methode vs. heuristische 1/N-Regel?
Man kann sein Vermögens-Portfolio nach der Markowitz-Methode erstellen. Das ist ein rationaler und wissenschaftlicher Ansatz, der auf der modernen Portfoliotheorie basiert und in den 1950-er Jahren von dem US-amerikanischen Ökonomen Harry M. Markowitz entwickelt wurde. Markowitz wurde für diese Arbeiten 1990 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Die Markowitz-Methode legt großen Wert auf Diversifikation, ermöglicht eine effektive Steuerung des Risikos und basiert auf der Verwendung historischer Daten und statistischer Analyse zur Entscheidungsfindung. Dadurch wird eine objektive Grundlage für Investitionsentscheidungen geschaffen. Dieses Methode ist darauf ausgelegt, die maximale Rendite bei gegebenem Risiko zu erzielen. Dadurch kann sie potenziell höhere Renditen liefern als andere Methoden.
Die Berechnungen erfordern allerdings eine umfangreiche Datenanalyse und beruhen auf historischen Daten, die möglicherweise nicht die zukünftige Wertentwicklung widerspiegeln.
Die Lösung wird als Mean-Variance-Portfolio bezeichnet.
Das Markowitz-Portfolio maximiert die Rendite (mean) und minimiert das Risiko (variance). Einfach ausgedrückt: das Modell berechnet, wie die höchste Rendite beim geringsten Risiko erzielt werden kann (weitere Details für alle Mathematik-Freaks hier).
Alternativ kann man sein Vermögen in ein „1/N-Portfu“ anlegen. Ein "1/N Portfolio“ ist eine sehr einfach zu verstehende - heuristische - Anlagestrategie, die das investierte Kapital gleichmäßig auf eine festgelegte Anzahl von Anlageoptionen aufteilt. Zunächst entscheidet der Anleger in welche Anlageformen er langfristig (>10 Jahre) investiert sein möchte. Wenn es sich zB um Aktien, Anleihen, Immobilien und Rohstoffe handelt, besagt die 1/N-Regel nun, dass das Vermögen gleichmäßig auf diese vier Anlageformen aufgeteilt wird. Natürlich sollte man, soweit möglich, innerhalb der gewählten Anlageformen optimal (zB über breitgestreute ETFs) diversifizieren.
Der Vorteil des 1/N Portfolios besteht darin, dass es eine einfache und ausgewogene Diversifikation ermöglicht. Durch die gleichmäßige Aufteilung des Kapitals wird das Risiko auf verschiedene Anlageoptionen verteilt, was das Verlustrisiko reduzieren kann. Gleichzeitig kann diese Strategie eine breitere Abdeckung der Märkte ermöglichen, was die Chance auf eine höhere Rendite bietet, insbesondere wenn eine oder mehrere Anlageoptionen außergewöhnlich gut abschneiden.
Die alles entscheidende Frage: welcher dieser Portfolio-Ansätze ist in der realen Welt nun erfolgreicher?
Das verrückte Ergebnis eines Vergleichs von einfachen 1/N-Portfolios im Vergleich mit komplexen Markowitz-Portfolios: in den meisten Fällen schnitten die 1/N-Portfolios besser ab (siehe hier)!
Ist die nobelpreisgekrönte Markowitz-Methode also ein Schwindel? Nein, natürlich nicht. Diese wissenschaftliche Methode ist optimal in einer idealen Welt bekannter Risiken, aber eben nicht notwendigerweise in einer realen Welt der Ungewissheit.
Übrigens: Markowitz selbst hat sein eigenes Vermögen nach der 1/N-Methode in Aktien und Anleihen angelegt!
Fazit
- Die Verwendung von Wahrscheinlichkeiten und Statistiken kann bei der Entscheidungsfindung nützlich sein, aber es ist wichtig, ihre Grenzen und Schwächen zu erkennen und ggf. andere Entscheidungsstrategien zu nutzen, um bessere Entscheidungen zu treffen.
- Über den Nutzen und Risiken eines Krebsvorsorge-Screenings sollte man sich eingehend auf Basis verständlicher wissenschaftlicher Daten informieren - zB unter Zuhilfenahme der Faktenboxen des Harding-Zentrums für Risikokompetenz - und dann eine informierte Entscheidung treffen. Gibt es bekannte Risiken für eine Krebserkrankung sollte man sich in Absprache mit dem Arzt regelmäßig untersuchen lassen.
- Ein einfaches "1/N-Portfolio" kann in der ungewissen realen Welt langfristig höhere Renditen erzielen als ein komplexes, wissenschaftlich hergeleitetes und mit dem Nobelpreis ausgezeichnetes "Markowitz-Portfolio"!
- Wer tiefer in das Thema "Entscheidungen treffen" einsteigen möchte, dem empfehle ich wärmstens das Buch "Risiko - Wie man die richtigen Entscheidungen trifft" von Gerd Gigerenzer (hier)!
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.
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