PFAS oder „Forever Chemicals“: Eigenschaften, Verwendung und mögliche gesundheitsschädliche Wirkungen! Blog#56

In den letzten Tagen wurde in den Medien ausführlich über die Risiken für Mensch und Umwelt durch PFAS, auch bekannt als "forever chemicals" oder "Ewigkeitschemikalien", berichtet (siehe zB hier).

Was sind PFAS und warum ist das ein wichtiges Thema? Welche Produkte enthalten PFAS und warum? Wie gefährlich sind PFAS für die Gesundheit? Was kann man tun, um PFAS nach der Freisetzung wieder unschädlich zu machen?

Was sind PFAS und warum ist es ein wichtiges Thema? 

PFAS (Per- und Polyfluoroalkyl Substanzen) sind industriell hergestellte Stoffe, die mindestens ein vollständig fluoriertes Methyl- oder Methylenkohlenstoffatom enthalten. Es handelt sich bei PFAS also nicht um eine oder mehrere definierte Verbindungen sondern um eine Vielzahl (>4.000!) unterschiedlicher Verbindungen. 

PFAS werden aufgrund ihrer einzigartigen chemischen Eigenschaften seit den späten 1940-er Jahren im kommerziellen Maßstab hergestellt. Sie sind gegenüber Hitze und chemische Veränderungen sehr stabil und die Kohlenstoffkette der Verbindungen ist hydrophob, während die Kopfgruppe hydrophil ist (siehe Abbildung). Zudem hat die perfluorierte Kohlenstoffkette einen lipohphoben Charakter. Neben Wasser weißen PFAS auch Öle, Fette, andere unpolare Verbindungen und Schmutzpartikel ab.

Aufgrund dieser einzigartigen Eigenschaften wurden PFAS für die Produktion innovativer Materialien breit eingesetzt. Allerdings besteht aufgrund der sehr hohen Langlebigkeit, der guten Wasserlöslichkeit und Fähigkeit, sich in der Umwelt und im menschlichen Körper anzureichern, wachsende Sorge über mögliche gesundheitliche Auswirkungen und Umweltauswirkungen.

Welche Produkte enthalten PFAS und warum? 

PFAS werden aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften in einer Vielzahl von Produkten eingesetzt, darunter Antihaftbeschichtungen, Imprägniermittel, Feuerlöschschaum aber auch bei der Chipherstellung, der Solarzellen- und Batteriefertigung oder als Kältemittel in den derzeit genutzten Wärmepumpen. 

Regulierungsbehörden haben begonnen, den Einsatz von PFAS zu beschränken. 

So wurde beispielsweise die Produktion des umweltbeständigen und sich in Säugetieren anreichernden langkettigen PFOS im Jahr 2002 weltweit eingestellt und daraufhin viele Produkte auf die kurzkettige Perflurobutansulfonsäure (PFBS) umgestellt.

Wie gefährlich sind PFAS für die Gesundheit? 

PFAS werden nach Aufnahme in den Körper gespeichert und dann sehr langsam unverändert durch den Urin ausgeschieden. Wichtig zu wissen: die kurzkettigen PFAS-Verbindungen besitzen eine Halbwertszeit von einigen, wenigen Tagen im menschlichen Körper, während die langkettigen PFAS mehrere Jahre (!) im menschlichen Körper verbleiben. PFOA und PFOS werden beispielsweise im menschlichen Körper in 4,4 Jahren und 8,7 Jahren zur Hälfte abgebaut. Langkettige PFAS zeigen daher, im Vergleich zu den kurzkettigen PFAS, eine höhere Toxizität.

Es gibt zahlreiche Studien, die auf mögliche negative gesundheitliche Auswirkungen von langkettigen PFAS hinweisen, einschließlich Beeinträchtigungen des Immunsystems, Leber- und Nierenschäden, hormonellen Störungen und Krebs. Die Langzeitwirkungen von PFAS sind jedoch noch nicht vollständig verstanden und es bedarf weiterer Forschung, um ihre Auswirkungen auf die Gesundheit zu bestimmen.

Nachgewiesene PFAS-Belastungen in der Umwelt sind in einer frei zugänglichen Datenbank (siehe hier) eingetragen, sodass jeder Interessierte die gemessenen PFAS-Werte in seiner Umgebung erfahren kann. So ist im Landkreis Biberach nur Ertingen als Hotspot bekannt. Auslöser war 2007 ein Brand im nahegelegenen Herbertingen. Die damaligen Feuerwehrleute verwendeten PFAS-haltigen Löschschaum, der damals noch erlaubt war. Die Chemikalie gelangte ins Grundwasser und wurde 2012 erstmals in einem Trinkwasserbrunnen in Ertingen nachgewiesen. Der Brunnen wurde stillgelegt und das Grundwasser in der Umgebung seitdem  engmaschig kontrolliert.

Was kann man tun um PFAS nach der Freisetzung wieder unschädlich zu machen?

Das Ausmaß einer möglichen Kontamination mit PFAS kann mit modernen analytischen Methoden (HPLC/MS/MS) bestimmt werden.

Die einmal freigesetzten PFAS-Verbindungen wieder aus der Umwelt zu entfernen ist extrem schwierig und teuer, selbst für kontaminierte Hotspots. Bislang wurden beispielsweise spezielle Filter mit Aktivkohle eingesetzt, um PFAS aus dem Grundwasser zu entfernen. Das daran gebundene PFAS musste anschließend bei sehr hohen Temperaturen (1000 C) zerstört werden. Ein sehr aufwändiges Verfahren! Erfreulicherweise wurde kürzlich ein neues innovatives Verfahren entwickelt, dass das langkettige PFOA und andere Carbonsäure-enthaltende PFAS-Verbindungen unter milden Bedingungen und unter Verwendung zweier gängiger Chemikalien effizient in harmlose Abbauprodukten umwandelt.

Fazit

  • PFAS sind eine >4000 Verbindungen umfassende Stoffgruppe mit einzigartigen chemischen Eigenschaften.
  • Einzelne Vertreter dieser Klasse wurden jahrzehntelang in großtechnischem Maßstab hergestellt. Da die Verbindungen gut wasserlöslich und extrem stabil sind, haben sie sich global verbreitet und sind mittlerweile überall nachzuweisen, von der Arktis bis zum Regenwasser.
  • Tierversuche haben insbesondere gesundheitliche Auswirkungen von langkettigen PFAS, wie PFOA und PFOS, gezeigt. Daher wurden bestimmte langkettige PFAS durch kurzkettige PFAS ersetzt. Die Langzeitwirkungen von PFAS sind jedoch noch nicht vollständig verstanden, und es bedarf weiterer Forschung, um ihre Auswirkungen auf die Gesundheit zu bestimmen.
  • Meine Einschätzung: PFAS-Verbindungen sollten nur dort eingesetzt werden, wo es dringend erforderlich ist und es keine Alternativen gibt.

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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.
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