Neue Entwicklungen in der Migräne-Therapie! Blog#61

In Blog#3 (siehe hier) habe ich bereits ausführlich über die Entwicklung der innovativen CGRP-Antagonisten und CGRP-Antikörper für die Migräne-Therapie berichtet. In den letzten Wochen gab es neue relevante Ergebnisse, daher hier ein kurzes Update!

Zavegepant, ein niedermolekularer CGRP-Antagonist, wurde kürzlich von der US-amerikanischen FDA als Nasenspray zur akuten Behandlung von Migräne zugelassen.

Neue vorteilhafte Ergebnisse des monoklonalen CGRP-Rezeptor-Antikörpers Erenumab zur prophylaktischen Behandlung chronischer Migräne führten dazu, dass Erenumab bereits nach einer Vortherapie verschrieben werden darf. 

Was ist Zavegepant und für wen ist dieses intranasale Migränemedikament von Wert? Welche neuen klinische Ergebnisse für Erenumab gibt es und warum ist das für Patienten mit chronischer Migräne wichtig?


Was ist Zavegepant und für wen ist dieses intranasale Migränemedikament von Wert?

Zavegepant ist ein niedermolekularer, potenter und selektiver CGRP-Antagonist, der speziell für die Behandlung akuter Migräneattacken entwickelt wurde. Was Zavegepant einzigartig macht, ist, dass es der erste und einzige intranasal verabreichte CGRP-Antagonist ist.

Interessante Details zur Entwicklung von Zavegepant: 

  • Zavegepant wurde Mitte der 2000er Jahre vom US-Pharmaunternehmen Bristol-Myers entwickelt. Es ist ein strukturelles Analogon einer Klasse von CGRP-Antagonisten, die ursprünglich von Boehringer Ingelheim erforscht und entwickelt wurden.
  • Dann, im Jahr 2018, verkaufte Bristol-Myers sein „CGRP-Portfolio“, hauptsächlich bestehend aus dem oralen niedermolekularen CGRP-Antagonisten Rimegepant (siehe Blog Nr. 3 für weitere Einzelheiten) und dem hier besprochenen intranasalen CGRP-Antagonisten Zavegepant, für insgesamt 50 Millionen US-Dollar („plus Lizenzgebühren“) an das US-Biotech Unternehmen Biohaven. 
  • Biohaven hat diese Verbindungen erfolgreich klinisch weiterentwickelt und sie im Jahr 2022 für einen über 200-fach höheren Betrag, für sagenhafte 11,6 Milliarden US-Dollar, an Pfizer verkauft! Pfizer erwartet nun einen Jahresumsatz von bis zu 6 Milliarden US-Dollar von diesen beiden Migränemedikamenten.

Die US-Zulassung basiert auf zwei randomisierten, doppelblinden Studien, in denen Zavegepant mit Placebo verglichen wurde. In beiden Studien war der ko-primäre Endpunkt definiert als Schmerzfreiheit oder das Sistieren des Symptoms, das der Patient am meisten störend empfand ("most bothersome symptom") jeweils nach zwei Stunden. Diese Endpunkte erreichten unter Zavegepant signifikant mehr Patienten als mit Placebo (siehe untenstehende Tabelle). 

Die klinische Wirkung von Zavegepant ist statistisch signifikant, aber weniger als 10 % besser als Placebo (siehe Tabelle oben).

Zavegepant ist gut verträglich, häufigste Nebenwirkungen, die bei mehr als 2% der Anwender und häufiger als bei Placebo auftraten, waren Geschmacksstörungen, Schwindel, Nasenbeschwerden und Erbrechen.

Die empfohlene Dosis beträgt 10 mg Zavegepant, was dem Inhalt einer Sprühflasche entspricht. Die gesamte Dosis wird mittels eines Hubs in eines der beiden Nasenlöcher abgegeben. Dies entspricht der Höchstdosis, die in einem Zeitraum von 24 Stunden verabreicht werden darf.

Die potenziellen Vorteile von intranasalem Zavegepant vs. den bereits verfügbaren oralen CGRP-Antagonisten und den breit als Migränetherapeutika etablierten Triptane sind:

  • Zavegepant kann bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen angewendet werden, für die Triptane kontraindiziert sind.
  • Diese intransale Anwendung wirkt schneller als eine orale Anwendung und ist unabhängig von der Resorption im Magen-Darm-Trakt. Der schnelle Wirkungseintritt ist für viele Migränepatienten ein wichtiger und relevanter Parameter.
Pfizer plant, Zavegepant im Juli 2023 in den USA einzuführen. Wann das Medikament in Europa erhältlich sein wird, ist noch nicht klar. Zunächst muss das Medikament in der EU zugelassen werden.

Welche neue klinische Ergebnisse für Erenumab gibt es und warum ist das für Patienten mit chronischer Migräne wichtig?

Die vier in Deutschland zugelassenen monoklonalen Antikörper (Erenumab, Fremanezumab, Galcanezumab, Eptinezumab) haben sich in der Migräneprophylaxe als hocheffektiv erwiesen, durften in Deutschland aber bislang erst nach mindestens 4 erfolglosen Therapien verordnet werden. Der Hauptgrund hierfür ist der vergleichsweise hohe Preis dieser neuen, innovativen Antikörper: die Jahrestherapiekosten für die monoklonalen Antikörper liegen im Bereich von 3800€ bis 16.200€, die entsprechenden Kosten für den bisherigen Therapiestandard Topiramat dagegen bei lediglich 280€.

Dies hat sich mit neuen klinischen Phase-IV-Ergebnissen zumindest für den CGRP-Antikörper Erenumab geändert. Erenumab ist seit 2018 in Deutschland zur Migräneprophylaxe bei Erwachsenen mit mindestens vier Migränetagen pro Monat zugelassen und wird einmal monatlich in einer Dosis von 70 mg subkutan verabreicht. 

In einer kürzlich durchgeführten klinischen Head-to-Head-Studie mit 777 Patienten mit episodischer oder chronischer Migräne an 82 Zentren in Deutschland erwies sich Erenumab dem Therapiestandard Topiramat deutlich überlegen. Und das hinsichtlich

  • Verträglichkeit - Behandlungsabbrüche bei Topiramat: 38,9%, bei Erenumab 10,6% - und
  • Wirksamkeit - Wahrscheinlichkeit einer Reduktion der monatlichen Migränetage um mindestens 50% war bei den Erenumab-Patienten fast um das dreifache höher als bei den Topiramat-Patienten.

Aufgrund dieser erfreulichen Daten darf Erenumab jetzt bereits nach einer Vortherapie eingesetzt werden. Experten begrüßen diese Entscheidung, da ein rechtzeitiges Eingreifen bei Migräne entscheidend ist, um eine Progression und Chronifizierung des Schmerzes zu verhindern. 

Fazit

  • CGRP-Antagonisten und CGRP-Antikörper entwickeln sich zunehmend als Therapiestandard für die Behandlung der akuten und chronischen Migräne.
  • Das niedermolekulare Zavegepant wurde kürzlich von der US-Behörde FDA als erster intranasaler CGRP-Antagonist zur Behandlung akuter Migräne zugelassen. 
  • Der CGRP-Antikörper Erenumab erwies sich in einer klinischen Studie ggü. Topiramat, dem bisherigen Therapiestandard für die Behandlung der chronischen Migräne, deutlich überlegen und kann daher jetzt bereits nach einer Vortherapie verabreicht werden.
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.

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