Farben und Licht: Die Bedeutung des Lichts bei der Farbwahrnehmung! Blog#72

Farben haben eine faszinierende Anziehungskraft. Sie sind nicht bloß visuelle Reize, sondern tragen auch tiefe emotionale, kulturelle und psychologische Bedeutungen in sich. In der Kunst werden Farben gezielt eingesetzt, um Stimmungen zu vermitteln, Kontraste zu erzeugen und Geschichten zu erzählen. Über verschiedene Kulturen hinweg symbolisieren Farben unterschiedliche Eigenschaften und Emotionen. Psychologische Studien haben eindrücklich belegt, dass Farben unsere Gefühle und Entscheidungsprozesse beeinflussen können – sei es die beruhigende Wirkung von Blau oder die aufregende Energie von Rot.

Aber wie entstehen Farben? Existieren Farben wirklich oder sind sie nur das Ergebnis unserer Sinne?


Die Entstehung von Farben:

Physikalisch beruht die Entstehung von Farbe auf der Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung im sogenannten sichtbaren Bereich zwischen 380 und 780 nm mit den Molekülen der Materie.

Als sichtbares Licht bezeichnet man den sehr schmalen Wellenlängenbereich, den unser Auge wahrnehmen kann. Dieser erstreckt sich von Rot (780 nm) bis Violett (380 nm). Wir sehen also nur einen sehr begrenzten Teil des elektromagnetischen Spektrums, für den restlichen Teil des elektromagnetischen Spektrums haben wir keine Sinneszellen und müssen auf technische Hilfsmittel zurückgreifen (siehe Abb. 1).


Abb. 1: Das elektromagnetische Spektrum reicht von langen Radiowellen (links) über Mikrowellen, Infrarotstrahlung, sichtbares Licht und Ultraviolettstrahlung bis hin zu Röntgenstrahlen und Gammastrahlen (rechts).

Wird die Strahlung vollständig reflektiert, so sehen wir das Objekt weiß, wird sie vollständig absorbiert, so erscheint der Gegenstand schwarz. Farben nimmt das Auge wahr, wenn bestimmte Wellenlängenbereiche aus diesem sichtbaren Bereich absorbiert und andere reflektiert werden.

Lichtabsorption und Moleküle:

Die Art der Farbe, die wir wahrnehmen, hängt davon ab, welche Moleküle welche Wellenlängenbereiche im sichtbaren Spektrum absorbieren. Dies geschieht durch Elektronenübergänge innerhalb der Moleküle.

Moleküle absorbieren Licht am stärksten bei jener Wellenlänge, die genau der Energie eines spezifischen Elektronenübergangs entspricht – dem Absorptionsmaximum des Moleküls. Wenn Licht dieser spezifischen Wellenlänge auf das Molekül trifft, wird es absorbiert, und die Elektronen gelangen in einen angeregten Zustand.

Die absorbierte Lichtenergie entspricht dem energetischen Unterschied zwischen dem höchstbesetzten Molekülorbital (HOMO) und dem niedrigsten unbesetzten Molekülorbital (LUMO), bekannt als HOMO-LUMO-Gap!

Farben und Energie:

Moleküle mit einem großen HOMO-LUMO-Gap absorbieren hochenergetisches UV-Licht (<380 nm), was sie farblos erscheinen lässt. Moleküle mit einem kleineren Gap benötigen weniger energiereiches Licht im sichtbaren Bereich (380 - 780 nm), um ein Elektron vom HOMO zum LUMO zu übertragen.

Wichtig zu verstehen: Die Farbe, die wir wahrnehmen, ist das Gegenteil der Farbe des absorbierten Lichts. Dies liegt daran, dass die Farbe, die wir sehen, durch die verbleibende Energie bestimmt wird, nachdem das Molekül die Energie des absorbierten Lichts aufgenommen hat.

Absorbiert ein Molekül im blauen, relativ energiereichen Bereich des sichtbaren Spektrums dann wird beobachtete Farbe (Komplementärfarbe) orange sein (siehe Abb. 2).

Absorbiert das Molekül hingegen im vergleichsweise energieärmeren orangenen oder roten Bereich des sichtbaren Spektrums, wird die beobachtete Farbe blau oder blaugrün sein (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Wenn Moleküle Licht absorbieren, sehen wir die Farbe, die nicht absorbiert wird. Diese Farbe ist das Gegenteil der Farbe des absorbierten Lichts (Komplementärfarbe).

Zur Veranschaulichung sind hier einige konkrete Beispiele für organische Moleküle aufgeführt, die Licht absorbieren (Abb. 3). Napthalin besitzt einen vergleichsweise großen HOMO-LUMO gap, wodurch es Licht im höherenergetischen UV-Bereich absorbiert und daher farblos ist. Die Farbstoffe Alizarin, Cyanidin und Indigo hingegen absorbieren aufgrund ihres kleineren HOMO-LUMO gaps sichtbares Licht und zeigen sich in der Komplementärfarbe des absorbierten Lichts.

Abb. 3: Absorption und Farbe einiger ausgewählter organischer Verbindungen. 

Farbwahrnehmung im Gehirn:

Unser visuelles System spielt eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Farben. Licht trifft durch die Linse in unser Auge und erreicht die Netzhaut, die Fotorezeptoren enthält – empfindliche "Stäbchen" für Schwarz-Weiß-Bilder bei Nacht und weniger empfindliche "Zapfen" für farbige Bilder bei Tageslicht. Diese Zapfen haben drei Varianten, die bei Rot (600 nm), Grün (550 nm) und Blau (450 nm) ihre höchste Empfindlichkeit erreichen. Das Gehirn verarbeitet die Signale dieser Zapfen, um unser Farberlebnis zu schaffen.


Abb. 4: Vereinfachte Darstellung des menschlichen Auges und der essenziellen Zapfen für die Farbwahrnehmung. Etwa 6-7 Millionen Zapfen (für das Erkennen von Farben) und etwa 92 Millionen Stäbchen (für das Sehen bei schwachem Licht) befinden sich in der Netzhaut.

Die Wahrnehmung von Farben wie Rot, Blau und Grün entsteht abhängig davon, welche Zapfen stimuliert werden. Weitere Farbeindrücke entstehen dadurch, dass verschiedene Zapfen gleichzeitig stimuliert werden.

Bei abnehmender Lichtmenge werden die Zapfen nicht mehr ausreichend stark belichtet, dadurch scheinen die Farbtöne zu verschwinden, etwa während der Abenddämmerung. Bei der geringen Belichtungsintensität werden nur noch die viel lichtempfindlicheren „Stäbchen“ ausreichend gereizt.

Interessantes Detail: Die allermeisten Menschen sind Trichromaten. Sie besitzen drei verschieden Arten von Zapfen in ihren Augen, die auf verschiedene Farben reagieren. Es gibt jedoch auch Menschen, die nur zwei Arten von Zapfen in ihrer Netzhaut haben (Dichromaten). Dadurch haben sie eine Farbschwäche. Sehr selten gibt es Menschen mit vier unterschiedlichen Zapfen (Tetrachromaten), die noch mehr Farben sehen können und eine subtilere Farbwahrnehmung haben als Trichromaten.

Im Tierreich besitzen auch Affen drei Farbkanäle (Trichromaten). Katzen hingegen sind dichromatisch mit einem Schwerpunkt auf Blau und Gelb. Bienen sind sogar tetrachromatisch. Sie haben zusätzliche Rezeptoren für Ultraviolettlicht. Dadruch können sie Blüten und Muster auf Blüten erkennen, die für Menschen unsichtbar sind! Abschließend gibt es im Tierreich auch Monochromaten, wie zB den Maulwurf oder den Hai. Diese Tiere sehen die Welt größtenteils in Grautönen.

Existenz von Farben:

Farben haben eine objektive physikalische Basis. Unsere Farbsensoren in der Netzhaut und das Gehirn transformieren jedoch die physikalischen Signale auf vielfältige Weise.

Die Frage, ob Farben eine objektive physische Realität besitzen oder lediglich Produkte unserer Wahrnehmung sind, hat in der Philosophie viele Diskussionen ausgelöst. Einige Philosophen vertreten die Ansicht, dass Farben intrinsische Eigenschaften von Objekten sind, während andere argumentieren, dass Farben ausschließlich in unserem Geist existieren. 

Eine Perspektive, die mich überzeugt, ist die Ansicht, dass Farben Empfindungen darstellen, die durch äußere und innere Reize ausgelöst werden. Dies steht im Gegensatz zur Umgangssprache, welche Farben als Eigenschaften von Objekten beschreibt, anstatt sie als Eigenschaften wahrnehmender Individuen zu betrachten.

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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.

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