Nicht-peptidische GLP-1 Agonisten: Die nächste Revolution in der Adipositasbehandlung? Blog#73

Die weltweite Prävalenz von Fettleibigkeit (Adipositas) hat epidemische Ausmaße erreicht und stellt eine immense Herausforderung für Gesundheitssysteme dar. Adipositas ist eng mit verschiedenen Stoffwechselstörungen wie Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie anderen schweren Gesundheitsproblemen verbunden. Diese Tatsache unterstreicht die dringende Notwendigkeit, nach innovativen Therapieansätzen für die Behandlung von Adipositas zu suchen.

Nach jahrzehntelanger intensiver Forschung wurde vor kurzem endlich ein Durchbruch erzielt – die peptidischen GLP-1 Agonisten. Die Schlagzeilen über "Wegovy" mit dem Wirkstoff Semaglutid zur Adipositasbehandlung sind mittlerweile allgegenwärtig. Dieses Medikament hat sich als äußerst wirksam und gut verträglich in der Behandlung von Adipositas erwiesen. Bereits vor über einem Jahr habe ich in einem Blog ausführlich über die Eigenschaften dieser peptidischen GLP-1 Agonisten berichtet (siehe hier).

Wie steht es um die Entwicklung von weiter verbesserten Wirkstoffen?



Eigenschaften peptidischer GLP-1 Agonisten

Die bisher zugelassenen GLP-1 Agonisten, wie beispielsweise Wegovy, sind komplexe synthetische Moleküle, die strukturell dem körpereigenen Peptid GLP-1 ähneln. Dadurch zeigen sie folgende Eigenschaften:
  • Die Herstellung und Reinigung dieser komplexen Moleküle (Wegovy hat das Molekulargewicht (MG): 4114 g/mol) ist aufwändig und teuer. Dies erklärt, warum der Hersteller Novo Nordisk Schwierigkeiten hat, die zweifellos hohe Nachfrage nach Wegovy zu befriedigen. Wegovy muss chronisch eingenommen werden und die monatliche Dosis von Wegovy kostet in Deutschland etwa 300€ und in den USA etwa 1000 US-Dollar. 
  • Wegovy kann nicht oral eingenommen werden. Peptide werden im Magen-Darm-Trakt schnell abgebaut und nur minimal ins Blut aufgenommen. Daher muss Wegovy subkutan (unter die Haut) gespritzt werden. Interessanterweise führt  die Kombination von Semaglutid (Wirkstoff von Wegovy) mit N-[8-(2-hydroxybenzoyl)amino]caprylat (SNAC) zu einer sehr geringen oralen Bioverfügbarkeit (<1%), die allerdings ausreicht, um bei einer Dosierung von 50 mg gute klinische Wirksamkeit zu erzielen (siehe Tabelle 1).
Wie großartig wäre es, wenn die nächste Generation von GLP-1 Agonisten einfach herstellbar und in Tablettenform verabreichbar wäre!

Um dies zu erreichen, bedarf es kleiner, potenter, nicht-peptidischer GLP-1 Agonisten (Molekulargewicht < 1000 g/mol).

Nicht-peptidische GLP-1 Agonisten - Die nächsten Gamechanger in der Adipositastherapie?

Durch Screening-Verfahren und nachfolgende strukturelle Optimierung konnten potente, nicht-peptidische GLP-1 Agonisten identifiziert werden (siehe Abb. 1). Diese Verbindungen sind vergleichsweise einfach herstellbar und zeigen nach oraler Einnahme eine akzeptable Bioverfügbarkeit!

Abb. 1: Chemische Struktur der nicht-peptidischen GLP-1 Agonisten Orforglipron und Danuglipron

Besonders wichtig: In neulich veröffentlichten klinischen Studien zeigen sowohl Danuglipron von Pfizer als auch Orforglipron von Eli Lilly nach oraler Gabe eine ähnliche Verringerung des Körpergewichts wie der momentane Goldstandard Wegovy, der unter die Haut gespritzt werden muss (siehe Tabelle 1: Gewichtsreduktion).
  
Tab. 1: Vergleichende Darstellung der Eigenschaften von Semaglutid (peptidischer GLP-1 Agonist) und Orforglipron und Danuglipron (nicht-peptidische GLP-1 Agonisten).

Danuglipron und Oligoglipron befinden sich derzeit noch in der klinischen Entwicklungsphase. Wenn jedoch alles wie geplant verläuft, könnten diese Verbindungen in den nächsten 2-4 Jahren als Tabletten zugelassen werden. Auf lange Sicht könnten diese nicht-peptidischen GLP-1 Agonisten dazu beitragen, die Versorgung mit erschwinglichen Adipositasmedikamenten zu verbessern.

Fazit

  • Peptidische GLP-1-Agonisten (zB Wegovy) haben sich als vielversprechende Strategie in der Behandlung von Adipositas etabliert. Allerdings sind ihre Herstellungskosten hoch und die Medikamente müssen subkutan verabreicht werden. 
  • Neue, niedermolekulare nicht-peptidische GLP-1 Agonisten hingegen, die sich derzeit noch in der klinischen Entwicklung befinden, sind kostengünstig herstellbar und können oral eingenommen werden. Wenn diese neuen Medikamente zugelassen werden, könnte die Akzeptanz bei den Patienten weiter erhöht werden und die Anwendungsmöglichkeiten dieser Therapieoption könnten sich erweitern.
——————————————————————
Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Disclaimer: Auf Klaus Rudolfs Blog gebe ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen weiter. Ich bin weder Arzt noch Finanzberater. Bitte informiere Dich breit und konsultiere bei Bedarf einen professionellen Experten in Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen.

———————————————————————————


Posts

Paxlovid - eine hochwirksame Pille für Covid-19? Blog#1

Vermögensaufbau und Altersvorsorge – meine Erfahrungen der letzten 35 Jahre! Blog#2

Der Interne Zinsfuß und seine Bedeutung für Aktien-Anleger! Blog#67

Wegovy® (Semaglutid) - ein neues, gut wirksames Medikament zur Gewichtsreduktion! Blog#13

Sarin - ein chemischer Kampfstoff! Blog#14

Steueroptimierung für Dein Aktien-ETF-Portfolio! Blog#87

iPhone- und iPad-Apps - meine Favoriten! Blog#40

Krankenversicherung als Rentner - besser privat oder gesetzlich krankenversichert? Blog#8

Aktien-Weltportfolio mit ETFs! Blog#45

Woher kommt der Geruch von frisch geschnittenem Gras und welche Wirkung hat er auf Pflanzen, Tiere und Menschen? Blog#63