Neue innovative Arzneimittel 2023: Eine persönliche Auswahl interessanter FDA-Zulassungen. Blog#89
Im Jahr 2023 hat das Center for Drug Evaluation and Research der US-amerikanischen Behörde FDA 55 neue Arzneimittel (LINK) bewilligt, während das Center for Biologics Evaluation and Research grünes Licht für 17 biologische Arzneimittel gab (LINK). Die gesteigerte Zulassung neuer Medikamente im Vergleich zu den Vorjahren verdeutlicht die anhaltende Innovationskraft der pharmazeutischen Unternehmen.
Hier meine persönliche Auswahl interessanter niedermolekularer Arzneimittel, Antikörper und Gentherapien. Sehr spezifische wissenschaftliche Details sind in kursiver Schrift beschrieben und können gegebenenfalls übersprungen werden.
Bisher gab es nur wenige Behandlungsmöglichkeiten für Hitzewallungen, die meist auf einer Hormonersatztherapie basierten. Diese kann jedoch Nebenwirkungen haben und ist nicht für alle Frauen geeignet. Deshalb wurde nach alternativen Wirkstoffen gesucht, die die Hitzewallungen ohne hormonelle Wirkung reduzieren können.
Einer dieser Wirkstoffe ist Fezolinetant, das im Mai 2023 in den USA unter dem Namen Veozah zugelassen wurde und voraussichtlich bald auch in Europa erhältlich sein wird.
Fezolinetant ist ein oral verfügbarer, selektiver Neurokinin (NK) 3-Antagonist, der die Bindung von Neurokinin B an die KNDy-Neuronen (Kisspeptin/Neurokinin B/Dynorphin) blockiert und dadurch die neuronale Aktivität des thermoregulatorischen Zentrums im Hypothalamus moduliert. Die KNDy-Neuronen sind während der Menopause überaktiv. Sie werden von NKB stimuliert und von Östrogenen gehemmt. Durch die Blockade dieses Rezeptors verringert Fezolinetant die Häufigkeit und Schwere der Hitzewallungen.
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Fezolinetant wurde in zwei klinischen Studien mit mehr als 1000 Frauen in den Wechseljahren getestet. Die Frauen erhielten entweder Fezolinat oder ein Placebo für 12 Wochen. Die Ergebnisse zeigten, dass Fezolinetant die Anzahl der täglichen Hitzewallungen um etwa 50 Prozent reduzierte, während das Placebo nur eine Reduktion von etwa 20 Prozent bewirkte. Außerdem verbesserte Fezolinetant die Lebensqualität, die Schlafqualität und die Herzgesundheit der Frauen.
Fezolinetant ist das erste Medikament seiner Art, das eine wirksame und nicht-hormonelle Behandlung für Hitzewallungen in den Wechseljahren bietet.
Die Ursache von FA ist eine Mutation im FXN-Gen, das für das Protein Frataxin kodiert. Frataxin ist wichtig für die Funktion der Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen, die Energie produzieren. Durch die Mutation wird zu wenig Frataxin gebildet, was zu einer Störung der mitochondrialen Funktion, einem Anstieg des oxidativen Stresses und einem Absterben von Nervenzellen führt.
Omaveloxolone ist ein neuer Arzneistoff, der im Februar 2023 in den USA unter dem Handelsnamen Skyclarys zur Behandlung von FA bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren zugelassen wurde. Omaveloxolone ist ein synthetisches Molekül, das den Nrf2-Signalweg aktiviert. Nrf2 ist ein Transkriptionsfaktor, der die zelluläre Abwehr gegen oxidativen Stress verstärkt, indem er die Expression von Antioxidantien und Entgiftungsenzymen erhöht. Außerdem fördert Nrf2 die Bildung und die Effizienz von Mitochondrien und schützt vor Entzündungen.
Omaveloxolone ist das erste Medikament, das eine positive Wirkung auf die neurologischen Funktionen von FA-Patienten zeigt.
Leqembi wird alle zwei Wochen mittels Infusion verabreicht. Eine Behandlung dauert circa eine Stunde und kann nur in spezialisierten Praxen oder Einrichtungen erfolgen.
Leqembi vermag kognitive Schäden weder zu reparieren noch den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung umzukehren oder deren Fortschreiten zu verhindern. Daten aus einer groß angelegten klinischen Studie deuten jedoch darauf hin, dass das Medikament bei Menschen mit leichten Symptomen die Verschlechterung um etwa fünf Monate über einen Zeitraum von etwa 18 Monaten verlangsamen kann.
Trotz dieser Erkenntnisse hegen zahlreiche Alzheimer-Experten und Wissenschaftler, mich eingeschlossen, Zweifel daran, dass Leqembi die Erosion des Gedächtnisses und der kognitiven Fähigkeiten in einem Maße verzögert, das für Patienten und ihre Familien spürbar oder sinnvoll ist.
Die FDA hat gleichzeitig eine Black-Box-Warnung herausgegeben, die auf dem Medikamentenetikett vor möglichen "ernsten und lebensbedrohlichen Ereignissen" warnt. Es gab Fälle von Hirnblutungen, von denen einige tragischerweise tödlich verliefen. In der EU befindet sich Leqembi noch im Zulassungsverfahren.
Hier meine persönliche Auswahl interessanter niedermolekularer Arzneimittel, Antikörper und Gentherapien. Sehr spezifische wissenschaftliche Details sind in kursiver Schrift beschrieben und können gegebenenfalls übersprungen werden.
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Niedermolekulare Arzneimittel - neue Behandlungsmöglichkeiten für Hitzewallungen, Friedreich-Ataxia, Migräne, Fibrodysplasia ossificans progressiva und metastasiertes Kolonkarzinom
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Fezolinetant (Vezoah von Astellas): Ein neues Medikament gegen Hitzewallungen in den Wechseljahren
Viele Frauen leiden in den Wechseljahren unter Hitzewallungen, die ihre Lebensqualität beeinträchtigen können. Sie werden durch hormonelle Veränderungen verursacht, die die Temperaturregulation im Gehirn beeinflussen.Bisher gab es nur wenige Behandlungsmöglichkeiten für Hitzewallungen, die meist auf einer Hormonersatztherapie basierten. Diese kann jedoch Nebenwirkungen haben und ist nicht für alle Frauen geeignet. Deshalb wurde nach alternativen Wirkstoffen gesucht, die die Hitzewallungen ohne hormonelle Wirkung reduzieren können.
Einer dieser Wirkstoffe ist Fezolinetant, das im Mai 2023 in den USA unter dem Namen Veozah zugelassen wurde und voraussichtlich bald auch in Europa erhältlich sein wird.
Fezolinetant ist ein oral verfügbarer, selektiver Neurokinin (NK) 3-Antagonist, der die Bindung von Neurokinin B an die KNDy-Neuronen (Kisspeptin/Neurokinin B/Dynorphin) blockiert und dadurch die neuronale Aktivität des thermoregulatorischen Zentrums im Hypothalamus moduliert. Die KNDy-Neuronen sind während der Menopause überaktiv. Sie werden von NKB stimuliert und von Östrogenen gehemmt. Durch die Blockade dieses Rezeptors verringert Fezolinetant die Häufigkeit und Schwere der Hitzewallungen.
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Fezolinetant wurde in zwei klinischen Studien mit mehr als 1000 Frauen in den Wechseljahren getestet. Die Frauen erhielten entweder Fezolinat oder ein Placebo für 12 Wochen. Die Ergebnisse zeigten, dass Fezolinetant die Anzahl der täglichen Hitzewallungen um etwa 50 Prozent reduzierte, während das Placebo nur eine Reduktion von etwa 20 Prozent bewirkte. Außerdem verbesserte Fezolinetant die Lebensqualität, die Schlafqualität und die Herzgesundheit der Frauen.
Fezolinetant ist das erste Medikament seiner Art, das eine wirksame und nicht-hormonelle Behandlung für Hitzewallungen in den Wechseljahren bietet.
Preis in den USA: 550 US-Dollar pro Monat.
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Chemische Strukturen der in diesem Blogbeitrag beschriebenen niedermolekularen Arzneimittel._______________________________________________________________________________
Omaveloxolone (Skyclarys von Reate Pharma / Biogen): Ein Hoffnungsschimmer für Friedreich-Ataxie-Patienten.
Friedreich-Ataxie (FA) ist eine seltene, erbliche und fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die das Nervensystem und das Herz schädigt. Die Krankheit beginnt meist im Kindes- oder Jugendalter und führt zu einer Beeinträchtigung der Bewegungskoordination, des Gleichgewichts, der Sprache und des Gehörs. Die meisten Patienten entwickeln auch eine lebensbedrohliche Herzmuskelschwäche (Kardiomyopathie). Die Lebenserwartung von FA-Patienten ist stark reduziert, und es gibt bisher keine wirksame Therapie, die den Krankheitsverlauf aufhalten oder umkehren kann.Die Ursache von FA ist eine Mutation im FXN-Gen, das für das Protein Frataxin kodiert. Frataxin ist wichtig für die Funktion der Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen, die Energie produzieren. Durch die Mutation wird zu wenig Frataxin gebildet, was zu einer Störung der mitochondrialen Funktion, einem Anstieg des oxidativen Stresses und einem Absterben von Nervenzellen führt.
Omaveloxolone ist ein neuer Arzneistoff, der im Februar 2023 in den USA unter dem Handelsnamen Skyclarys zur Behandlung von FA bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren zugelassen wurde. Omaveloxolone ist ein synthetisches Molekül, das den Nrf2-Signalweg aktiviert. Nrf2 ist ein Transkriptionsfaktor, der die zelluläre Abwehr gegen oxidativen Stress verstärkt, indem er die Expression von Antioxidantien und Entgiftungsenzymen erhöht. Außerdem fördert Nrf2 die Bildung und die Effizienz von Mitochondrien und schützt vor Entzündungen.
Omaveloxolone ist das erste Medikament, das eine positive Wirkung auf die neurologischen Funktionen von FA-Patienten zeigt.
Preis in den USA: 370.000 US-Dollar pro Jahr.
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Zavegepant ist ein niedermolekularer CGRP-Antagonist, der von Pfizer in Zusammenarbeit mit Biohaven/Bristol Myers Squibb als Nasenspray entwickelt wurde. Es ist die erste und einzige nicht-orale Formulierung eines CGRP-Antagonisten und dient der Vorbeugung und Behandlung sowohl chronischer als auch episodischer Migräne mit oder ohne Aura bei Erwachsenen. Weitere Details siehe mein Blog „Neue Entwicklungen in der Migräne-Therapie! Blog#61“ (LINK).
Zavegepanat (Zavzpret von Pfizer / Biohaven): Erster intranasaler CGRP-Antagonist zur Behandlung der Migräne.
Migräne ist eine neurologische Störung, von der weltweit mehr als eine Milliarde Menschen betroffen sind; sie tritt besonders häufig bei jungen Erwachsenen und Frauen auf.Zavegepant ist ein niedermolekularer CGRP-Antagonist, der von Pfizer in Zusammenarbeit mit Biohaven/Bristol Myers Squibb als Nasenspray entwickelt wurde. Es ist die erste und einzige nicht-orale Formulierung eines CGRP-Antagonisten und dient der Vorbeugung und Behandlung sowohl chronischer als auch episodischer Migräne mit oder ohne Aura bei Erwachsenen. Weitere Details siehe mein Blog „Neue Entwicklungen in der Migräne-Therapie! Blog#61“ (LINK).
Preis in den USA: 1.100 US-Dollar für Packung mit 6 Nasensprays.
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FOP wird durch eine Funktionsgewinn-Mutation im ACVR1/ALK2-Gen verursacht. Dieses Gen kodiert für den Aktivinrezeptor Typ 1A / Aktivinrezeptor-ähnliche Kinase 2, einen Rezeptor für ein knochenmorphogenetisches Protein (BMP): das BMP-1. Die ALK2-Mutation überaktiviert die BMP-Signalwege und fördert die Bildung von chondrogenen Zellen und Chondroyzten, in denen RARγ exprimiert wird, welches als Transkriptionsrepressor wirkt. In der Folge kommt es zu einer heterotopen Ossifikation (HO). Palovarotin hemmt durch die Bindung an den RARγ die BMP-Signalwege, die an der Pathogenese der HO und damit auch der FOP beteiligt sind. Palovaroten wirkt als selektiver Agonist am Retinsäurerezeptor vom Subtyp Gamma (RARγ). Der Wirkungsmechanismus wurde im Tiermodell mit knock-in-Mäusen bestätigt.
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Palovaroten wurde in einer Phase-3-Studie mit 126 FOP-Patienten getestet. Die Patienten erhielten entweder Palovaroten oder ein Placebo für 24 Monate. Die Studie wurde als adaptives Design durchgeführt, das heißt, die Dosis von Palovaroten wurde je nach dem Auftreten von Knochenbildungsschüben angepasst. Die Studie wurde im Mai 2020 vorzeitig beendet, nachdem eine Zwischenanalyse zeigte, dass Palovaroten die Anzahl und das Volumen der neuen Knochenbildungen signifikant reduzierte. Die Patienten, die Palovaroten erhielten, hatten auch eine bessere Lebensqualität, weniger Schmerzen und weniger Komplikationen.
Palovaroten ist das erste Medikament, das eine positive Wirkung auf die Knochenbildung bei FOP-Patienten zeigt. Es ist ein wichtiger Fortschritt in der Behandlung dieser schweren Erkrankung, die bisher keine wirksame Therapie hatte.
Palovaroten (Sohonos von Ipsen): Behandlung von Fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP) via Retinsäurerezeptor Gamma Agonismus
FOP (Fibrodysplasia ossificans progressiva) ist eine sehr seltene und furchtbare genetische Erkrankung, bei der Muskeln, Sehnen und Bänder in Knochen umgewandelt werden. Dies führt zu einer fortschreitenden Versteifung und Bewegungseinschränkung des Körpers.FOP wird durch eine Funktionsgewinn-Mutation im ACVR1/ALK2-Gen verursacht. Dieses Gen kodiert für den Aktivinrezeptor Typ 1A / Aktivinrezeptor-ähnliche Kinase 2, einen Rezeptor für ein knochenmorphogenetisches Protein (BMP): das BMP-1. Die ALK2-Mutation überaktiviert die BMP-Signalwege und fördert die Bildung von chondrogenen Zellen und Chondroyzten, in denen RARγ exprimiert wird, welches als Transkriptionsrepressor wirkt. In der Folge kommt es zu einer heterotopen Ossifikation (HO). Palovarotin hemmt durch die Bindung an den RARγ die BMP-Signalwege, die an der Pathogenese der HO und damit auch der FOP beteiligt sind. Palovaroten wirkt als selektiver Agonist am Retinsäurerezeptor vom Subtyp Gamma (RARγ). Der Wirkungsmechanismus wurde im Tiermodell mit knock-in-Mäusen bestätigt.
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Palovaroten wurde in einer Phase-3-Studie mit 126 FOP-Patienten getestet. Die Patienten erhielten entweder Palovaroten oder ein Placebo für 24 Monate. Die Studie wurde als adaptives Design durchgeführt, das heißt, die Dosis von Palovaroten wurde je nach dem Auftreten von Knochenbildungsschüben angepasst. Die Studie wurde im Mai 2020 vorzeitig beendet, nachdem eine Zwischenanalyse zeigte, dass Palovaroten die Anzahl und das Volumen der neuen Knochenbildungen signifikant reduzierte. Die Patienten, die Palovaroten erhielten, hatten auch eine bessere Lebensqualität, weniger Schmerzen und weniger Komplikationen.
Palovaroten ist das erste Medikament, das eine positive Wirkung auf die Knochenbildung bei FOP-Patienten zeigt. Es ist ein wichtiger Fortschritt in der Behandlung dieser schweren Erkrankung, die bisher keine wirksame Therapie hatte.
Preis in Kanada: 1,02 Millionen Canadian Dollar pro Jahr (entspricht ca. 700.000€/ Jahr).
Eines der Ziele der zielgerichteten Therapie beim Kolonkarzinom ist die Hemmung der Angiogenese, also der Bildung neuer Blutgefäße, die den Tumor mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Dazu werden Medikamente eingesetzt, die sogenannte VEGF-Rezeptoren blockieren, die an der Angiogenese beteiligt sind. Diese Medikamente werden auch als VEGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) bezeichnet.
Fruquintinib ist ein neuer VEGFR-TKI, der in 2023 in den USA und in Europa zugelassen wurde zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom, die zuvor mindestens zwei systemische Therapien erhalten haben. Fruquintinib bindet an drei verschiedene VEGF-Rezeptoren (VEGFR-1, -2 und -3) und verhindert so deren Aktivierung. Dadurch soll Fruquintinib die Angiogenese hemmen und das Tumorwachstum und die Metastasierung verlangsamen.
Die Zulassung von Fruquintinib basiert auf den Ergebnissen der FRESCO-Studie, einer randomisierten, placebokontrollierten Phase-3-Studie, an der 416 Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom teilnahmen, die zuvor mindestens zwei Chemotherapien erhalten hatten. Die Patienten erhielten entweder Fruquintinib oder Placebo zusätzlich zu einer best supportive care, also einer symptomorientierten Behandlung. Die Studie zeigte, dass Fruquintinib im Vergleich zu Placebo das mediane Gesamtüberleben von 6,6 auf 9,3 Monate verlängerte, was einer relativen Reduktion des Sterberisikos um 36% entspricht. Außerdem verbesserte Fruquintinib das progressionsfreie Überleben, also die Zeit ohne Krankheitsfortschritt, von 1,8 auf 3,7 Monate. Diese klinischen Daten belegen die Wirksamkeit, allerdings gibt es noch viel Raum für zukünftige Verbesserungen.
Fruquintinib ist das erste Medikament seiner Klasse, das in Europa für Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom zugelassen ist, die keine weiteren Behandlungsoptionen haben.
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Fruquintinib (Fruzaqla von Takeda): Ein neues, orales Medikament für Patienten mit fortgeschrittenem Kolonkarzinom
Das Kolonkarzinom ist eine der häufigsten Krebsarten in Deutschland und weltweit. Es entsteht aus der Schleimhaut des Dickdarms und kann sich auf andere Organe ausbreiten. Die Behandlung hängt vom Stadium der Erkrankung ab und umfasst meist eine Operation, eine Chemotherapie und eine zielgerichtete Therapie.Eines der Ziele der zielgerichteten Therapie beim Kolonkarzinom ist die Hemmung der Angiogenese, also der Bildung neuer Blutgefäße, die den Tumor mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Dazu werden Medikamente eingesetzt, die sogenannte VEGF-Rezeptoren blockieren, die an der Angiogenese beteiligt sind. Diese Medikamente werden auch als VEGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) bezeichnet.
Fruquintinib ist ein neuer VEGFR-TKI, der in 2023 in den USA und in Europa zugelassen wurde zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom, die zuvor mindestens zwei systemische Therapien erhalten haben. Fruquintinib bindet an drei verschiedene VEGF-Rezeptoren (VEGFR-1, -2 und -3) und verhindert so deren Aktivierung. Dadurch soll Fruquintinib die Angiogenese hemmen und das Tumorwachstum und die Metastasierung verlangsamen.
Die Zulassung von Fruquintinib basiert auf den Ergebnissen der FRESCO-Studie, einer randomisierten, placebokontrollierten Phase-3-Studie, an der 416 Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom teilnahmen, die zuvor mindestens zwei Chemotherapien erhalten hatten. Die Patienten erhielten entweder Fruquintinib oder Placebo zusätzlich zu einer best supportive care, also einer symptomorientierten Behandlung. Die Studie zeigte, dass Fruquintinib im Vergleich zu Placebo das mediane Gesamtüberleben von 6,6 auf 9,3 Monate verlängerte, was einer relativen Reduktion des Sterberisikos um 36% entspricht. Außerdem verbesserte Fruquintinib das progressionsfreie Überleben, also die Zeit ohne Krankheitsfortschritt, von 1,8 auf 3,7 Monate. Diese klinischen Daten belegen die Wirksamkeit, allerdings gibt es noch viel Raum für zukünftige Verbesserungen.
Fruquintinib ist das erste Medikament seiner Klasse, das in Europa für Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom zugelassen ist, die keine weiteren Behandlungsoptionen haben.
Preis in den USA: 25.200 US-Dollar pro Monat für 5 mg Dosis und 6.300 US-Dollar pro Monat für 1 mg Dosis.
Leqembi ist ein Antikörper der sich gegen die Ablagerungen von Beta-Amyloid im Gehirn richtet, die von vielen Wissenschaftlern als eine der Hauptursachen für Alzheimer betrachtet wird. Es handelt sich bei Leqembi um eine humanisierte Version des Maus-Antikörpers mAb158, der Protofibrillen erkennt und die Ablagerung von Beta-Amyloid in Tiermodellen der Alzheimer-Krankheit verhindert. Der Antikörper vom Typ Immunoglobulin-G1κ (IgG1κ), wird in einer Ovarialzelllinie des Chinesischen Zwerghamsters (CHO-Zellen) hergestellt.
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Antikörper - neue Behandlungsmöglichkeit der Alzheimer-Erkrankung
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Lecanemab (Leqembi von Biogen/Eisai): Monoklonaler Antikörper zur Behandlung der Alzheimer-Erkrankung.
Die Alzheimer-Krankheit, eine progressive neurologische Erkrankung, betrifft vorwiegend ältere Menschen und stellt weltweit die häufigste Form von Demenz dar, die etwa 25 Millionen Menschen betrifft. Mit dem Alter steigt das Risiko deutlich an, an Alzheimer zu erkranken. Vor diesem Hintergrund erweckt die FDA-Zulassung von Leqembi für die Alzheimer-Behandlung besonders großes öffentliches Interesse.Leqembi ist ein Antikörper der sich gegen die Ablagerungen von Beta-Amyloid im Gehirn richtet, die von vielen Wissenschaftlern als eine der Hauptursachen für Alzheimer betrachtet wird. Es handelt sich bei Leqembi um eine humanisierte Version des Maus-Antikörpers mAb158, der Protofibrillen erkennt und die Ablagerung von Beta-Amyloid in Tiermodellen der Alzheimer-Krankheit verhindert. Der Antikörper vom Typ Immunoglobulin-G1κ (IgG1κ), wird in einer Ovarialzelllinie des Chinesischen Zwerghamsters (CHO-Zellen) hergestellt.
Leqembi wird alle zwei Wochen mittels Infusion verabreicht. Eine Behandlung dauert circa eine Stunde und kann nur in spezialisierten Praxen oder Einrichtungen erfolgen.
Leqembi vermag kognitive Schäden weder zu reparieren noch den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung umzukehren oder deren Fortschreiten zu verhindern. Daten aus einer groß angelegten klinischen Studie deuten jedoch darauf hin, dass das Medikament bei Menschen mit leichten Symptomen die Verschlechterung um etwa fünf Monate über einen Zeitraum von etwa 18 Monaten verlangsamen kann.
Trotz dieser Erkenntnisse hegen zahlreiche Alzheimer-Experten und Wissenschaftler, mich eingeschlossen, Zweifel daran, dass Leqembi die Erosion des Gedächtnisses und der kognitiven Fähigkeiten in einem Maße verzögert, das für Patienten und ihre Familien spürbar oder sinnvoll ist.
Die FDA hat gleichzeitig eine Black-Box-Warnung herausgegeben, die auf dem Medikamentenetikett vor möglichen "ernsten und lebensbedrohlichen Ereignissen" warnt. Es gab Fälle von Hirnblutungen, von denen einige tragischerweise tödlich verliefen. In der EU befindet sich Leqembi noch im Zulassungsverfahren.
Preis in den USA: 26.500 US-Dollar pro Jahr.
Valoctocogen-roxaparvovec stellt einen innovativen Fortschritt dar und ist die erste Gentherapie zur Behandlung von Hämophilie A.
Valoctocogen-roxaparvovec ist ein nicht replizierender, rekombinanter viraler Vektor, der auf dem Adeno-assoziierten Virus vom Serotyp 5 (AAV5) basiert und eine cDNA für die Expression der B-Domänen-deletierten SQ-Form des humanen Gerinnungsfaktors VIII (hFVIII-SQ) unter der Kontrolle eines hybriden leberspezifischen Promoters (HLP) enthält. Der HLP regt die Transkription des Gens in sinusoidalen Endothelzellen der Leber (LSEC) an, wo auch endogener Faktor VIII hauptsächlich produziert wird.
Das Viruskapsid enthält drei Strukturproteine, von denen zwei für die Kapsidbildung wesentlich sind. Das dritte ist für die Infektiosität des Kapsids bedeutsam. Es enthält eine Phospholipase-A2-Domäne (PLA2-Domäne), die für den endosomalen Austritt des Kapsids und den anschließenden Transport in den Zellkern erforderlich ist.
Valoctocogen-roxaparvovec wird in einem Baculovirus-Expressionssystem hergestellt, das mittels rekombinanter DNA-Technologie aus Sf-9-Zellen, einer Zelllinie der Nachtfalterart Spodoptera frugiperda, abgeleitet wurde.
Das Arzneimittel wurde unter dem Namen Roctavian 2022 in der Europäischen Union und im Juni 2023 in den USA zugelassen.
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Gentherapien - neue Behandlungsmöglichkeit der Bluterkrankheit und der Sichelzellkrankheit
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Valoctocogen-roxaparvovec (Roctavian von Bio Marin Pharmaceutical): Einmalige intravenöse Infusion einer AAV5-basierten Gentherapie zur Behandlung von Hemophilia A.
Hämophilie A, eine seltene Erkrankung, betrifft etwa 0,7 von 10.000 Menschen in der EU. Sie schwächt die Erkrankten und kann lebensbedrohlich sein, wenn Blutungen im Gehirn, im Rückenmark oder im Darm auftreten. Die bisherige Behandlung umfasst hauptsächlich die prophylaktische Gabe von Präparaten mit dem Faktor VIII, um das fehlende Protein zu ersetzen. Dies erfordert eine lebenslange regelmäßige Verabreichung, oft wöchentlich oder monatlich.Valoctocogen-roxaparvovec stellt einen innovativen Fortschritt dar und ist die erste Gentherapie zur Behandlung von Hämophilie A.
Valoctocogen-roxaparvovec ist ein nicht replizierender, rekombinanter viraler Vektor, der auf dem Adeno-assoziierten Virus vom Serotyp 5 (AAV5) basiert und eine cDNA für die Expression der B-Domänen-deletierten SQ-Form des humanen Gerinnungsfaktors VIII (hFVIII-SQ) unter der Kontrolle eines hybriden leberspezifischen Promoters (HLP) enthält. Der HLP regt die Transkription des Gens in sinusoidalen Endothelzellen der Leber (LSEC) an, wo auch endogener Faktor VIII hauptsächlich produziert wird.
Das Viruskapsid enthält drei Strukturproteine, von denen zwei für die Kapsidbildung wesentlich sind. Das dritte ist für die Infektiosität des Kapsids bedeutsam. Es enthält eine Phospholipase-A2-Domäne (PLA2-Domäne), die für den endosomalen Austritt des Kapsids und den anschließenden Transport in den Zellkern erforderlich ist.
Valoctocogen-roxaparvovec wird in einem Baculovirus-Expressionssystem hergestellt, das mittels rekombinanter DNA-Technologie aus Sf-9-Zellen, einer Zelllinie der Nachtfalterart Spodoptera frugiperda, abgeleitet wurde.
Das Arzneimittel wurde unter dem Namen Roctavian 2022 in der Europäischen Union und im Juni 2023 in den USA zugelassen.
Preis in den USA: 2,9 Millionen US-Dollar für die einmalige Anwendung.
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Diese Gentherapie nutzt die Genschere CRISPR/Cas9, um einen genetischen Defekt im Erbgut von Blutstammzellen zu korrigieren. Die Therapie zielt darauf ab, die Symptome der Sichelzellanämie zu lindern, indem sie das fetale Hämoglobin aktiviert. Das fetale Hämoglobin wird normalerweise abgeschaltet, wenn das Kind den Mutterleib verlässt. Eine zentrale Rolle bei dieser Abschaltung spielt das Gen BCL11a: Casgevy inaktiviert BCL11a und ermöglicht so die Produktion von fetalem Hämoglobin.
Exagamglogene autotemcel (Casgevy von Vertex Pharmaceuticals und CRISPR Technologies): Erstes zugelassenes CRISPR/Cas9 Therapeutikum.
Casgevy, entwickelt von Vertex Pharmaceuticals und CRISPR Technologies, markiert einen Meilenstein als das erste zugelassene CRISPR/Cas9-gene-editierte Therapeutikum zur Behandlung von Sichelzellkrankheit und transfusionsabhängiger Beta-Thalassämie.Diese Gentherapie nutzt die Genschere CRISPR/Cas9, um einen genetischen Defekt im Erbgut von Blutstammzellen zu korrigieren. Die Therapie zielt darauf ab, die Symptome der Sichelzellanämie zu lindern, indem sie das fetale Hämoglobin aktiviert. Das fetale Hämoglobin wird normalerweise abgeschaltet, wenn das Kind den Mutterleib verlässt. Eine zentrale Rolle bei dieser Abschaltung spielt das Gen BCL11a: Casgevy inaktiviert BCL11a und ermöglicht so die Produktion von fetalem Hämoglobin.
Der Eingriff erfolgt an körpereigenen Blutstammzellen. Die Stammzellen werden im Labor mit der Genschere CRISPR/Cas9 verändert und dann zurück in den Körper gegeben. Eine Vorbehandlung mit Zytostatika stellt dabei sicher, dass sich die Stammzellen in ausreichender Zahl im Körper einnisten können.
Casgevy hat bereits in Großbritannien und den USA die Zulassung erhalten, und es steht zu erwarten, dass die EU diesem Weg bald folgen wird.
Preis in den USA: 2,2 Millionen US-Dollar für die einmalige Anwendung.
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen. Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ich, sich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen. Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ich, sich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.
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