Cholesterin, Lipoproteine und Statine: Grundlagenwissen für deine Gesundheit! Blog#105

Cholesterin: Unverzichtbar für den menschlichen Körper

Cholesterin ist ein lebenswichtiger Stoff, den der menschliche Körper für eine Vielzahl von Stoffwechselprozessen benötigt. Es spielt eine essentielle Rolle als Bestandteil der Zellmembranen und ist unerlässlich für die Produktion von Vitaminen, Steroidhormonen und Gallensäuren. Der menschliche Körper kann Cholesterin selbst herstellen (endogenes Cholesterin) oder über die Nahrung aufnehmen (exogenes Cholesterin). Dabei wird der Großteil des Cholesterins endogen produziert, hauptsächlich in der Leber. 

Cholesterin ist ein organisches Molekül, bestehend aus 27 Kohlenstoffatomen, das in zwei unterschiedlichen Formen vorkommt: als „freies“ Cholesterin und als „verestertes“ Cholesterin. Die biologisch aktive Form ist das unveresterte Cholesterin, wohingegen die veresterte Form als Speicherform dient. Bei unverestertem Cholesterin ist eine Hydroxylgruppe (-OH) an das Kohlenstoffatom Nr. 3 gebunden. In der veresterten Speicherform hingegen ist an dieser Hydroxylgruppe eine Fettsäure über eine Esterbindung gebunden.

Lipoproteine und die Bedeutung von LDL-Cholesterin

Cholesterin und Triglyceride sind fettartige Verbindungen, die nicht wasserlöslich (hydrophob) sind und daher nicht frei im Blutkreislauf transportiert werden können. Um diese wichtigen Substanzen von ihrem Ursprungsort, wie der Leber, zu den Zellen im Körper zu transportieren, die sie benötigen, müssen sie von speziellen Transportproteinen, den sogenannten Lipoproteinen, befördert werden. Dieser Transportprozess durch Lipoproteine ist für die Energiebereitstellung, den Zellaufbau und die Hormonproduktion von entscheidender Bedeutung. 

Lipoproteine sind kugelförmige Strukturen, die aus Lipiden und Proteinen bestehen. Ihre Hülle besteht aus Phospholipiden und freiem Cholesterin, während der Kern Cholesterinester und Triglyceride enthält. Diese Struktur ermöglicht es den hydrophoben Lipiden, im wässrigen Blutkreislauf transportiert zu werden. An der Oberfläche der Lipoproteine befinden sich Apolipoproteine. Diese Proteine sind entscheidend für die Bewegung der Lipoproteine im Körper und die Interaktion mit verschiedenen Zellen. Apolipoproteine binden an spezifische Rezeptoren auf Zellmembranen und ermöglichen so die Aufnahme der Lipide in die Zellen. Die Komplexität der Lipoproteinbiologie zeigt sich daran, dass allein die Erforschung der Rolle der Apolipoproteine seit Jahrzehnten Hunderte von Wissenschaftlern beschäftigt.



Schematische Darstellung eines Lipoproteins (übernommen aus LINK).
Es gibt verschiedene Klassen von Lipoproteinen, die sich in ihrer Dichte und Zusammensetzung unterscheiden: HDL (High-Density Lipoprotein), LDL (Low-Density Lipoprotein), IDL (Intermediate-Density Lipoprotein), VLDL (Very-Low-Density Lipoprotein) und Chylomikronen. 

LDL-Partikel (Low-Density Lipoprotein) werden oft, wissenschaftlich nicht ganz korrekt, als "schlechtes" Cholesterin bezeichnet, da sie Cholesterin von der Leber zu den Zellen transportieren. Wenn zu viel LDL-Cholesterin im Blut vorhanden ist, kann es sich in den Arterien ablagern und zu Arteriosklerose führen.
HDL-Partikel (High-Density Lipoprotein) hingegen werden als "gutes" Cholesterin bezeichnet, da sie überschüssiges Cholesterin aus den Zellen und Arterien zurück zur Leber transportieren, wo es abgebaut wird.

Der Unterschied zwischen LDL und HDL liegt also in der Richtung des Cholesterintransports. 

Welche LDL-Cholesterinwerte sind gesundheitlich bedenklich?

Das LDL-Cholesterin (LDL-C) ist ein wichtiger Faktor für die Entstehung von Arteriosklerose. Hohe LDL-Cholesterinwerte können zu Arterienverkalkung führen, was das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht. Patienten mit sehr hohem LDL-Cholesterin, wie bei homozygoter familiärer Hypercholesterinämie mit einem LDL-C-Wert von über 400 mg/dl, sind bereits in jungen Jahren von atherosklerotischen Ereignissen betroffen. 

Bei Patienten ohne familiäre Hypercholesterinämie wird das Risiko einer Atherosklerose durch eine Kombination von erhöhtem LDL-Cholesterinspiegel (LDL-C), arterieller Hypertonie, Nikotin- und Alkoholkonsum, Glukosestoffwechsel und Geschlecht beeinflusst. Für alle Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen wird eine Senkung des LDL-C auf Werte unter 70 mg/dl bzw. um mindestens 50 % des therapienaiven Ausgangswertes empfohlen.

Ein LDL-Cholesterin-Zielwert unter 100 mg/dl gilt für Patienten mit Diabetes mellitus Typ II und bei bestehender familiärer Hypercholesterinämie. Es gibt keinen unteren Schwellenwert für den Zusammenhang zwischen LDL-C und dem kardiovaskulären Risiko: Je niedriger das LDL-C, desto besser. Für Patienten mit koronarer Herzkrankheit, anderen arteriosklerotischen Erkrankungen, nach Stentbehandlung, Herzinfarkt, Bypass und Schlaganfall liegt der empfohlene Zielwert unter 55 mg/dl. 

Wie kann man den LDL-Cholesterinwert (LDL-C) reduzieren?

Ein gesunder Lebensstil ist der erste Schritt zur Senkung des LDL-Cholesterins. Dieser umfasst eine ausgewogene Ernährung, tägliche Bewegung, ausreichend Entspannung und den Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholgenuss. Obwohl diese Maßnahmen bei der Prävention und Behandlung von Herzkrankheiten unerlässlich sind, darf man nicht vergessen, dass zwei Drittel des Cholesterins endogen, hauptsächlich in der Leber, synthetisiert werden. Daher führen nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Ernährungsumstellung, vermehrte körperliche Aktivität sowie Nikotin- und Alkoholverzicht nur zu einer Reduktion des LDL-C um etwa 5-10 %. Es ist also ein Irrtum zu glauben, dass eine signifikante Senkung des LDL-Cholesterinspiegels allein durch einen gesunden Lebensstils inklusive gesunder Ernährung erreicht werden kann.

Wenn durch einen gesunden Lebensstil die gewünschten LDL-Cholesterin-Zielwerte nicht erreicht werden, können in Absprache mit dem behandelnden Arzt Medikamente eingesetzt werden.

Statine sind die am häufigsten verschriebenen Medikamente zur Senkung des LDL-Cholesterins. Sie hemmen das Enzym HMG-CoA-Reduktase in der Leber, das für die Cholesterinproduktion verantwortlich ist. Diese Hemmung führt zu einem verringerten LDL-Cholesterinspiegel im Blut. Darüber hinaus stabilisieren Statine Plaques, also Cholesterin-haltige Ablagerungen in den Gefäßen, und reduzieren Entzündungen.

In Deutschland sind mehrere Statin-Wirkstoffe zugelassen, darunter Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pitavastatin, Pravastatin, Rosuvastatin und Simvastatin. 


Alle Statine wirken über den gleichen Mechanismus, unterscheiden sich jedoch in ihrer Wirkstärke und der Art und Weise, wie sie vom Körper verstoffwechselt werden. Dies führt zu unterschiedlichen empfohlenen Dosierungen und Tageshöchstdosen. 

Atorvastatin und Rosuvastatin sind hochwirksame Statine und führen zur stärksten Senkung des LDL-Cholesterins. Atorvastatin ist lipophil und kann Zellmembranen durch passive Diffusion überwinden. Es wird primär über das Cytochrom-P450-System CYP3A4 der Leber metabolisiert. Rosuvastatin ist hydrophil und wird primär über CYP2C9 abgebaut. Diese unterschiedlichen Metabolisierungswege sollten insbesondere bei der Einnahme weiterer Medikamente berücksichtigt werden, um Wechselwirkungen zu vermeiden.  

Fluvastatin, Pravastatin und Simvastatin sind niedrigpotente Statine. Pravastatin wird nicht über das Cytochrom-P450-System der Leber abgebaut, sondern durch Sulfatierung. Daher wird es bevorzugt bei Patienten eingesetzt, die Immunsuppressiva einnehmen oder nach Transplantationen. 
Vergleich ausgewählter Eigenschaften der Statine Simvastatin, Atorvastatin und Rosuvastatin.

Obwohl Statine im Allgemeinen gut verträglich sind, können sie Nebenwirkungen verursachen. Die häufigste Nebenwirkung sind Muskelschmerzen, die bei 5-10 % der Patienten auftreten, insbesondere zu Beginn der Behandlung oder bei hohen Dosierungen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass oft fälschlicherweise altersbedingte oder bewegungsbedingte Muskelschmerzen mit der Statineinnahme in Verbindung gebracht werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Muskelbeschwerden bei Patienten, die Statine einnahmen, und bei Patienten, die ein Placebo erhielten, nahezu ähnlich häufig auftraten. Dies ist ein klassisches Beispiel für den Nocebo-Effekt, das Gegenteil des Placebo-Effekts. Der Nocebo-Effekt tritt auf, wenn Menschen sich schlechter fühlen oder negative Symptome entwickeln, weil sie glauben, dass ein Medikament oder eine Behandlung schädlich ist, obwohl es eigentlich harmlos ist. 

Eine sehr seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung von Statinen ist die Rhabdomyolyse, ein lebensbedrohlicher Muskelschwund. Schätzungen zufolge tritt sie bei 1 bis 3 von 100.000 Patienten auf, die ein Jahr lang Statine einnehmen. Weitere mögliche Nebenwirkungen von Statinen sind erhöhte Leberenzymwerte, ein leicht erhöhter Blutzuckerspiegel, ein früheres Auftreten von Grauem Star und von Diabetes mellitus.

Risiko-Nutzen-Abwägung: Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen von Statinen sehr gering ist und die Vorteile der Medikamente deutlich überwiegen.

Patienten mit hohem LDL-Cholesterin-Wert und zusätzlichen Risikofaktoren, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus, sowie Personen, die bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben oder sich einer Stentbehandlung oder Bypassoperation unterzogen haben, sollten ein geeignetes Statin in Absprache mit ihrem Arzt einnehmen. 

Bei Menschen mit hohem LDL-Cholesterin-Wert, aber ohne Vorerkrankungen und nur leicht erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist der schützende Effekt von Statinen begrenzt. In diesen Fällen sollten die Vor- und Nachteile einer Statin-Einnahme gemeinsam mit dem Arzt besprochen werden. 

Eine vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellte Übersicht (LINK) verdeutlicht, dass der Nutzen der Statintherapie stark von den individuellen Risikofaktoren abhängt. Die Übersicht berechnet das Infarktrisiko für die nächsten zehn Jahre für vier hypothetische 50-jährige Personen, zwei Frauen und zwei Männer, mit hohen Cholesterinwerten (Gesamtcholesterin 260 mg/dl, HDL-Cholesterin 44 mg/dl). Während eine Frau namens Olga mit lediglich leicht erhöhtem Blutdruck kaum von einer Statintherapie profitiert (Reduktion des Infarktrisikos um nur 1%), kann ein Mann namens Yusuf mit ernsthaften Risikofaktoren sein Infarktrisiko um 10% senken.

Zwischenfazit zur Medikation mit Statinen: Nicht jeder Mensch mit erhöhtem LDL-Cholesterin muss mit einem Statin behandelt werden. Bei der Lipidtherapie geht es um eine Risikoreduzierung und nicht nur darum, einen bestimmten Wert zu korrigieren. Behandelt werden sollte immer dann, wenn durch Gefäßablagerungen (Arteriosklerose) bereits Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestehen oder wenn gesunde Menschen erhebliche Risikofaktoren dafür aufweisen. Es gibt Menschen, die trotz eines stark erhöhten LDL-Cholesterin-Werts (ca. 200 mg/dl) nicht zwangsläufig mit einem Statin behandelt werden, weil andere Risikofaktoren – etwa Bluthochdruck, Diabetes oder Übergewicht – fehlen und sie deshalb ein sehr niedriges Herz-Kreislauf-Risiko haben. Allerdings muss regelmäßig ärztlich kontrolliert werden, ob diese Risikofaktoren im Laufe der Zeit weiterhin fehlen. Oft entwickeln sich diese Risikofaktoren erst im Laufe des Lebens, beispielsweise kann sich aus einem normalen oder sogar niedrigen Blutdruck später Bluthochdruck entwickeln.

Wenn Statine alleine nicht ausreichen, können zusätzliche Medikamente wie Ezetimib, Gallensäurebinder und PCSK9-Hemmer eingesetzt werden, um die LDL-Cholesterinwerte weiter zu senken.
  • Ezetimib: blockiert spezifisch den Niemann-Pick C1-Like 1 (NPC1L1)-Transporter im Dünndarm. Dieser Transporter ist für die Aufnahme von Cholesterin aus der Nahrung und der Galle verantwortlich. 
  • Gallensäurebinder: binden Gallensäuren im Darm und verhindern deren Rückresorption. Dies zwingt die Leber, mehr Gallensäuren aus Cholesterin zu synthetisieren, wodurch LDL-Cholesterin aus dem Blut entfernt wird. 
  • PCSK9-Hemmer: monoklonale Antikörper die die Wirkung des PCSK9-Enzyms hemmen und zu einer Erhöhung der LDL-Rezeptoren auf der Oberfläche der Leberzellen führen, was wiederum die Entfernung von LDL-Cholesterin aus dem Blutkreislauf verstärkt. 

Fazit

Bedeutung von Cholesterin: Cholesterin ist essenziell für die Funktion von Zellmembranen, die Synthese von Vitaminen, Steroidhormonen und Gallensäuren. Der Körper produziert es hauptsächlich in der Leber und nimmt es in geringen Mengen durch die Nahrung auf.

Funktion von Lipoproteinen: Lipoproteine, wie LDL und HDL, transportieren Cholesterin und Triglyceride im Blut. Hohe LDL-Cholesterinwerte erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zielwerte variieren je nach Risikoprofil, mit besonders niedrigen Zielen für Patienten mit bestehenden Herzerkrankungen. 

Rolle von Statinen: Statine senken den LDL-Cholesterinspiegel durch die Hemmung der Cholesterinproduktion in der Leber. Bei der Behandlung mit Statinen hängt die Entscheidung, ob und wie intensiv behandelt wird, von der individuellen Risikokonstellation des Patienten ab. Es ist wichtig, auch andere Risikofaktoren wie Bluthochdruck konsequent zu behandeln, um das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall zu senken. 

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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen . Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ichsich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.
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