Lynch-Syndrom: Ein genetischer Faktor bei der Entstehung von Darmkrebs! Blog#110

Das Lynch-Syndrom ist eine erbliche Erkrankung, die mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Krebsarten, insbesondere Darmkrebs, verbunden ist. Es handelt sich um die häufigste Form einer erblichen Darmkrebsprädisposition (vererbte Veranlagung für Darmkrebs) und wird autosomal-dominant vererbt. Das bedeutet, dass die Krankheit vererbt wird, wenn nur eine Kopie des betroffenen Gens auf einem der Autosomen (Chromosomenpaare 1-22) vorhanden ist. Ein Kind kann das Merkmal von nur einem Elternteil erben und es mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % an seine Kinder weitergeben, wenn es selbst Träger ist. 

Ursachen und Genetik

Die Ursache des Lynch-Syndroms sind Defekte in den Genen, die für die DNA-Reparatur zuständig sind. Die am häufigsten betroffenen Gene sind MSH2 und MLH1, aber auch Mutationen in anderen Genen wie PMS1, PMS2 und MSH6 können auftreten. Diese Genveränderungen führen dazu, dass Fehler im genetischen Material, die bei der Zellteilung entstehen können, nicht mehr ausreichend korrigiert werden. Menschen mit Lynch-Syndrom haben ein erhöhtes Lebenszeitrisiko für verschiedene Krebsarten. Besonders relevant sind hierbei kolorektale Karzinome (Darmkrebs), aber auch die Risiken für Endometriumkarzinome (Gebärmutterkrebs) und andere Krebsarten sind erhöht. 


In normalen Zellen erkennen und reparieren DNA-MMR genetische Fehlanpassungen, die während der DNA-Replikation entstehen. In MSI-Tumorzellen hingegen führt das Vorhandensein eines mangelhaften MMR-Systems zu einer fehlerhaften DNA-MMR in Mikrosatelliten, die für die Akkumulation von Mutationen in verschiedenen genomischen Codons verantwortlich sind (übernommen aus LINK). MMR: Mismatch-Reparaturproteine, MSI: Mikrosatelliteninstabilität

Häufigkeit und Zusammenhang mit Darmkrebs

Das Lynch-Syndrom ist eines der häufigsten erblichen Tumorprädispositionssyndrome (genetische Erkrankungen, die das Risiko für die Entwicklung von Krebs durch vererbte Genmutationen erhöhen). Die Prävalenz in der Bevölkerung wird auf etwa 1:300 geschätzt, was bedeutet, dass etwa 1 von 300 Menschen Träger der Genmutation ist. In Deutschland wird die Zahl der Menschen mit Lynch-Syndrom auf etwa 300.000 geschätzt. Das Lynch-Syndrom ist für einen signifikanten Anteil der Fälle von erblichem Darmkrebs verantwortlich und macht mindestens drei Prozent aller kolorektalen Karzinome aus. 

Diagnose des Lynch-Syndroms

Die Diagnose des Lynch-Syndroms basiert auf drei Säulen:
  • Klinische Kriterien: Dazu gehören Faktoren wie das Auftreten von Lynch-Syndrom-assoziierten Krebserkrankungen in jüngerem Alter, mehrere Fälle von Krebs in der Familie und das Auftreten von mehreren Tumoren bei einer Person. 
  • Familienanamnese: Die Erhebung der Familiengeschichte bezüglich Krebserkrankungen ist entscheidend, um den Verdacht auf Lynch-Syndrom zu untermauern. 
  • Genetische Tests: Genetische Tests sind der wichtigste Bestandteil der Diagnosesicherung. Dabei wird das Blut der betroffenen Person auf Mutationen in den Genen untersucht, die mit dem Lynch-Syndrom in Verbindung gebracht werden. 
Tumorgewebe wird außerdem auf Mikrosatelliteninstabilität (MSI) oder Mismatch-Repair-Defizienz (dMMR) untersucht, beides typische Merkmale für das Lynch-Syndrom. Mikrosatelliten sind kurze, sich wiederholende Abschnitte in der DNA, die bei Menschen mit Lynch-Syndrom oft verändert sind. 

Möglichkeiten zur Risikoreduktion

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Krebsrisiko bei Menschen mit Lynch-Syndrom zu senken und Tumore frühzeitig zu erkennen: 
  • Gesunde Ernährung und Lebensstil 
  • Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen (z.B. Darmspiegelungen ab frühem Alter in Absprache mit dem behandelnden Arzt). Wichtig zu verstehen ist, dass die Genveränderung beim Lynch-Syndrom alle Körperzellen betrifft, sodass es auch außerhalb des Darms zu Krebs kommen kann.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung von Krebserkrankungen bei Lynch-Syndrom sollte auf die spezifische Situation des Patienten zugeschnitten sein und sich an den aktuellen onkologischen Leitlinien orientieren. Hochrelevant sind in diesem Zusammenhang klinische Phase II Studienergebnisse mit Dostarlimab (siehe Blog#108 und Blog#25). Dostarlimab hat sich als hochwirksam bei der Behandlung von Darmtumoren im Zusammenhang mit dem Lynch-Syndrom erwiesen. Als Immun-Checkpoint-Inhibitor aktiviert es das Immunsystem gezielt, um die durch DNA-Mismatch-Reparaturdefekte (MSI) verursachten Tumorzellen zu bekämpfen und zu zerstören. Sollten sich diese vorläufigen vielversprechenden klinischen Ergebnisse bestätigen, könnte diese Therapie ein wahrer Segen für alle Patienten mit Lynch-Syndrom sein!

Es ist auch wichtig zu beachten, dass nicht jeder mit Lynch-Syndrom an Krebs erkrankt. Mit entsprechender Vorsorge haben Betroffene eine normale Lebenserwartung. 

Zusammenfassung und Fazit

Das Lynch-Syndrom ist ein komplexes erbliches Tumorrisikosyndrom, das mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Krebsarten, insbesondere Darmkrebs, verbunden ist. Die Diagnose basiert auf klinischen Kriterien, der Familienanamnese und genetischen Tests. Menschen mit Lynch-Syndrom profitieren von einer frühzeitigen Diagnose und intensivierten Vorsorgeuntersuchungen, um das Krebsrisiko zu minimieren und eine frühzeitige Behandlung zu ermöglichen.
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
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