Blutzuckerspitzen vermeiden: Wie kontinuierliches Glukosemonitoring (CGM) Prädiabetes vorbeugen kann! Blog#119

Dieser Blogbeitrag ist auch als englischsprachiger Podcast auf Spotify verfügbar (hier anhören)!

Die regelmäßige Überwachung des Blutzuckerspiegels ist eine essenzielle Maßnahme im Management von Typ-1- und Typ-2-Diabetes. In den letzten Jahren hat jedoch die Technologie der kontinuierlichen Glukosemessung (Continuous Glucose Monitoring, CGM) zunehmend das Interesse gesunder Menschen geweckt, die ein tieferes Verständnis ihrer Stoffwechselvorgänge erlangen möchten. Dieser Blogbeitrag richtet sich speziell an Nicht-Diabetiker und beschreibt meine persönlichen Erfahrungen mit einem CGM-System, sowie die Erkenntnisse, die ich daraus gewonnen habe. 

Was ist CGM?

Continuous Glucose Monitoring (CGM) ist eine Technologie zur kontinuierlichen Messung des Glukosespiegels in der interstitiellen Flüssigkeit, die die Zellen im Gewebe umgibt. Im Gegensatz zu traditionellen Methoden, bei denen der Blutzucker nur sporadisch mittels eines Blutzuckermessgeräts erfasst wird, liefert CGM Echtzeitdaten, die eine lückenlose Überwachung des Glukoseverlaufs über den gesamten Tag ermöglichen.

Diese kontinuierliche Datenerfassung bietet umfassende Informationen über Glukosetrends und -muster, sodass Nutzer unmittelbar auf Veränderungen reagieren können. Die Daten werden automatisch gesammelt und in Echtzeit auf einer App für das Smartphone angezeigt, was eine benutzerfreundliche Auswertung der Glukoseverläufe ermöglicht.

In Deutschland sind verschiedene CGM-Systeme erhältlich, darunter das FreeStyle Libre 3, Dexcom G6 und Medtronic Guardian Connect. In meinem 14-tägigen Selbstversuch nutzte ich das FreeStyle Libre 3 von Abbott. Dieses System ist besonders klein, unauffällig und einfach in der Handhabung. Es misst den Blutzuckerspiegel alle 60 Sekunden und überträgt die Daten direkt an eine kostenfreie Smartphone-App.

Der Preis pro Sensor liegt bei 69 EUR für 14 Tage Nutzung, erhältlich in Apotheken und online. Gelegentlich werden auch kostenlose Probesensoren über die offizielle FreeStyle-Website angeboten. Die Anwendung des FreeStyle Libre 3 ist unkompliziert: Der Sensor wird mithilfe eines Applikators einfach am Oberarm angebracht und nach 14 Tagen ebenso leicht und schmerzfrei wieder entfernt.

Die Daten des FreeStyle Libre 3 werden direkt an eine kostenlose, benutzerfreundliche App übertragen, die eine umfassende Analyse der Glukosewerte ermöglicht. Die App liefert Echtzeit-Glukosewerte inklusive Trendpfeilen, die anzeigen, ob der Blutzuckerspiegel steigt, fällt oder stabil bleibt. Zudem visualisieren Diagramme den Verlauf und die Trends der Blutzuckerwerte über Stunden, Tage oder Wochen. Tagesprofile geben detaillierte Einblicke in die täglichen Schwankungen des Blutzuckers, und die Funktion „Zeit im Zielbereich“ zeigt an, wie häufig die Glukosewerte innerhalb des empfohlenen Bereichs liegen.

Diese Informationen ermöglichen es den Nutzern, fundierte Entscheidungen zur Optimierung ihrer Gesundheit zu treffen. So wird das Ernährungsbewusstsein gefördert, da die App aufzeigt, wie unterschiedliche Nahrungsmittel den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Dies hilft dabei, Lebensmittel zu identifizieren, die starke Schwankungen verursachen, und diese gezielt durch ballaststoffreiche, proteinhaltige oder fettarme Alternativen zu ersetzen.

Die Echtzeit-Daten erlauben auch Rückschlüsse auf die Auswirkungen von Aktivität und Stress, was es erleichtert, Aktivitäten zu identifizieren, die den Blutzuckerspiegel stabilisieren. Darüber hinaus ermöglicht die Verfolgung der Zeit im Zielbereich, den Blutzuckerspiegel länger im gesunden Bereich zu halten, was nicht nur das allgemeine Wohlbefinden fördert, sondern auch das Risiko für chronische Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes senken kann. 

Warum man Blutzuckerspitzen vermeiden sollte und welche Werte als normal gelten

Regelmäßige Blutzuckerspitzen bei Nicht-Diabetikern führen zu einer vermehrten Insulinausschüttung, um den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu transportieren. Langfristig kann dies die Entstehung einer Insulinresistenz fördern, bei der die Zellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren. Dies erhöht das Risiko, an Prädiabetes und schließlich Typ-2-Diabetes zu erkranken. Zudem begünstigen häufige Blutzuckerschwankungen gesundheitliche Probleme wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch entzündliche Prozesse in den Blutgefäßen, Gewichtszunahme und Adipositas durch vermehrte Fettspeicherung sowie das Risiko einer nicht-alkoholischen Fettleber. Weitere Folgen können Energiedefizite, Konzentrationsstörungen und langfristig ein erhöhtes Risiko für Krebs und hormonelle Störungen sein.

Die Definition dessen, was als normaler Blutzuckerbereich gilt, und ab wann eine Glukosetoleranzstörung vorliegt, variiert in der medizinischen Fachwelt. Für meinen 14-tägigen Selbstversuch werde ich die Kriterien aus dem Artikel „Nourished by Science: How to Interpret Your CGM Data“ (LINK) verwenden, um meine Messwerte zu analysieren. Die Kriterien unterscheiden zwischen normaler Glukosetoleranz, gestörter Glukosetoleranz (Frühstadium), Prädiabetes und Diabetes mellitus.

Tabelle 1: Blutzuckertoleranz

Normale Glukosetoleranz: Der Nüchternblutzucker liegt unter 100 mg/dL, und die Blutzuckerwerte bewegen sich überwiegend im Bereich von 70-140 mg/dL, mit nur seltenen Spitzen bis zu 180 mg/dL.
Gestörte Glukosetoleranz (Frühstadium): Blutzuckerspitzen bis 180 mg/dL oder höher, sowie länger anhaltende Werte von 140-180 mg/dL nach Mahlzeiten sind Anzeichen für eine beginnende Störung.
Prädiabetes: Der Nüchternblutzucker liegt zwischen 100 und 125 mg/dL, der HbA1c-Wert beträgt 5,7-6,4 %, oder der 2-Stunden-Blutzuckerwert im OGTT liegt über 140 mg/dL. 
Diabetes mellitus: Charakterisiert durch einen Nüchternblutzucker von mindestens 126 mg/dL, einen HbA1c-Wert von 6,5 % oder höher oder einen 2-Stunden-Blutzuckerwert im OGTT von über 200 mg/dL. 

Dieser Blog befasst sich hauptsächlich mit der frühzeitigen Erkennung von Blutzuckerspitzen durch CGM, da diese oft lange unerkannt bleiben und langfristig das Risiko für Prädiabetes und Diabetes erhöhen können. 

Mein Selbstversuch: Erkenntnisse aus 14 Tagen Glukosemonitoring

Die kontinuierliche Überwachung meines Blutzuckerspiegels über 14 Tage ermöglichte mir interessante Einblicke in die Wirkung verschiedener Nahrungsmittel auf meinen Glukoseverlauf. Einige Ergebnisse entsprachen meinen Erwartungen, während andere überraschend waren und meine Sichtweise auf bestimmte Lebensmittel veränderten.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Blutzuckerreaktionen individuell stark variieren. Faktoren wie genetische Prädisposition, individueller Stoffwechsel, die Zusammensetzung der Darmflora sowie der allgemeine Gesundheitszustand spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie der Körper auf bestimmte Nahrungsmittel reagiert. Daher lassen sich meine Ergebnisse nicht uneingeschränkt auf andere Personen übertragen. Um die eigenen Stoffwechselreaktionen besser zu verstehen, könnte ein kontinuierliches Glukosemonitoring (CGM) für Interessierte eine wertvolle Methode sein, individuelle Erkenntnisse zu gewinnen.

Wie zu erwarten war, führte der Verzehr von Brot, einschließlich Vollkornbrot, zu signifikanten Blutzuckerspitzen. Besonders auffällig war ein Anstieg auf 210 mg/dL nach dem Konsum eines halben, leicht mit Butter bestrichenen Weißbrötchens, in Kombination mit drei Schlucken Cappuccino. Ebenso verursachte der Verzehr von Kuchen einen Anstieg auf etwa 160 mg/dL, was aufgrund des hohen Zuckergehalts zu erwarten war. Bemerkenswert war jedoch, dass Amaranth-Dinkel-Vollkornbrot deutlich geringere Blutzuckerschwankungen hervorrief. Dies könnte auf den niedrigeren glykämischen Index von Amaranth und Dinkel zurückzuführen sein, der zu einer langsameren und gleichmäßigeren Glukosefreisetzung führt. Darüber hinaus enthält Amaranth mehr Ballaststoffe und Proteine, die die Aufnahme von Kohlenhydraten weiter verlangsamen könnten. Diese Eigenschaften erklären wahrscheinlich die weniger ausgeprägten Blutzuckerspitzen im Vergleich zu herkömmlichem Vollkornbrot.

Überraschend war auch die Reaktion meines Blutzuckerspiegels auf bestimmte Obstsorten. Bereits kleinere Mengen an Trauben, Kiwis, Bananen und Honigmelonen führten zu signifikanten Spitzen über 180 mg/dL. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass selbst als „gesund“ angesehene Nahrungsmittel wie Obst in gewissen Mengen den Blutzuckerspiegel stark beeinflussen können.

Wichtig zu verstehen ist, dass ein rascher Anstieg des Blutzuckerspiegels eine vermehrte Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse zur Folge hat, um den Zucker in die Zellen zu transportieren. Eine übermäßige Insulinantwort kann den Blutzuckerspiegel jedoch auf weniger als 70 mg/dL absenken, was als reaktive Hypoglykämie bezeichnet wird. Diese äußert sich typischerweise durch Symptome wie Heißhunger, Zittern, Schwitzen und Konzentrationsschwierigkeiten. Der Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln kann diese Zustände rasch beheben. Nach dem Verzehr einer reifen Banane erlebte ich eine milde Form der reaktiven Hypoglykämie (siehe Abb. 2, rot markiert). Im Gegensatz dazu lösten Erdbeeren und Heidelbeeren deutlich mildere Blutzuckerreaktionen aus, was vermutlich auf ihren niedrigeren Zuckergehalt und ihren höheren Ballaststoffanteil zurückzuführen ist.

Eine unerwartet positive Erkenntnis war, dass selbst üppige, mehrgängige Mahlzeiten in erstklassigen Restaurants kaum Blutzuckerspitzen auslösten, unabhängig davon, ob es sich um ein Mittag- oder Abendessen handelte. Trotz 3- bis 5-Gänge-Menüs blieb mein Blutzuckerspiegel überraschend stabil. Dies deutet darauf hin, dass die Qualität der Zutaten und die Zusammensetzung der Speisen einen entscheidenden Einfluss auf den Glukoseverlauf haben können.

Auch der Einfluss von Alkohol auf den Blutzuckerspiegel war geringer als erwartet: Weder der Konsum von 250 mL Wein noch 40 mL Whiskey zeigten nennenswerte Auswirkungen, während 500 mL Bier nur zu leichten Erhöhungen des Blutzuckers führten.

Fazit

Mein Nüchternblutzucker lag während der Testphase konstant unter 100 mg/dL, und meine Blutzuckerwerte befanden sich zu 87 % der Zeit im Bereich von 70-140 mg/dL, zu 10 % im Bereich von 141-180 mg/dL, jedoch auch zu 3 % der Zeit im Bereich von 181-220 mg/dL.

Abbildung 3: Schwankungen der Glukosewerte im Verlauf eines typischen Tages. Die schwarze Linie stellt den Medianwert der Glukosemessungen dar, während der hell schattierte Bereich das 5. bis 95. Perzentil der Sensordaten abbildet. Der dunkel schattierte Bereich zeigt das 25. bis 75. Perzentil an.

Gemäß den in Tabelle 1 definierten Kriterien befinde ich mich im Bereich einer gestörten Glukosetoleranz. Daher sollte ich präventiv darauf achten, dass sich mittelfristig kein Prädiabetes entwickelt.

Konsequenterweise werde ich meine Ernährung anpassen: Der Konsum von Weißbrot, dunklem Brot (einschließlich Vollkorn, mit Ausnahme von Amaranth-Dinkel), stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln und Reis sowie stark zuckerhaltigen Produkten wie Kuchen oder zuckerreiche Früchte wird deutlich reduziert. Stattdessen werde ich auf hochwertige, zuckerarme Nahrungsmittel setzen, um meinen Blutzuckerspiegel stabil zu halten und größere Schwankungen zu vermeiden.

Die Ergebnisse dieser Umstellung werde ich in einigen Monaten durch ein erneutes CGM-Monitoring überprüfen. 
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen . Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ichsich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.
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