Wohnung kaufen oder mieten – Was ist im Alter die bessere Wahl? Blog#120

Viele Menschen in Deutschland erwägen nach ihrem Renteneintritt einen Umzug in eine neue Stadt oder Region. Da sie nicht mehr an ihren Arbeitsort gebunden sind, eröffnen sich neue Möglichkeiten, den Ruhestand in einer attraktiveren Umgebung zu verbringen. Wer seine bisherige Immobilie verkauft, steht vor einer zentralen Frage: Sollte man erneut eine Immobilie erwerben oder lieber zur Miete wohnen? Diese Entscheidung hat weitreichende finanzielle und persönliche Konsequenzen. In diesem Artikel analysieren wir beide Optionen, um zu ermitteln, welche langfristig die bessere Wahl sein könnte. 

Vor- und Nachteile des Immobilienkaufs und der Miete

Der Kauf einer Immobilie bietet mehrere Vorteile. Eine eigene Wohnung schafft langfristige Stabilität und Unabhängigkeit. Nach der Rückzahlung eines Kredits entfallen Mietkosten, und Eigentümer können ihre Wohnung nach eigenen Vorstellungen gestalten. Eine Immobilie kann zudem als Kapitalanlage fungieren, deren Wert im Laufe der Zeit steigen kann. Allerdings erfordert der Kauf erhebliche Anfangsinvestitionen. Neben dem Kaufpreis fallen zusätzliche Kosten wie Grunderwerbsteuer, Notargebühren und Maklerprovisionen an, die oft rund 10 % des Kaufpreises ausmachen. Zudem sind Eigentümer für Instandhaltung und Reparaturen verantwortlich, was mit fortlaufenden Kosten verbunden ist. Ein späterer Verkauf kann zeitaufwändig und teuer sein, und das in die Immobilie investierte Kapital ist nicht mehr flexibel verfügbar.

Im Gegensatz dazu bietet Mieten mehr Flexibilität. Ein Umzug ist einfacher, da keine Immobilie verkauft werden muss, und die anfänglichen Kosten sind deutlich niedriger – meist beschränken sie sich auf eine Kaution und eventuell eine Maklerprovision. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Vermieter für größere Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten verantwortlich ist. Das für den Immobilienkauf benötigte Kapital bleibt zudem frei und kann anderweitig investiert werden. Allerdings haben auch Mietwohnungen Nachteile: Die Mieten können im Laufe der Zeit steigen, und Mieter haben keine Möglichkeit, durch den Immobilienbesitz Vermögen aufzubauen. Zudem ist die Gestaltungsfreiheit eingeschränkt, da größere Veränderungen nur mit Zustimmung des Vermieters möglich sind. Mietverträge können außerdem unter bestimmten Umständen gekündigt werden, was zu Unsicherheit führen kann.

Kauf oder Miete einer 4-Zimmer-Wohnung – Ein Fallbeispiel

Ein konkretes Beispiel aus einer beliebten Stadt in Süddeutschland verdeutlicht die Entscheidung zwischen Kauf und Miete: Eine 110 m² große Neubauwohnung wird für 1.000.000 € (9.000 €/m²) zum Kauf angeboten, während die gleiche Wohnung zur Miete für 2.530 € monatliche Kaltmiete (23 €/m²) erhältlich ist.

Bei der Entscheidung für den Kauf müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Neben dem Kaufpreis fallen in der Regel Nebenkosten in Höhe von rund 10 % des Kaufpreises an, zu denen Notar- und Maklergebühren sowie die Grunderwerbsteuer gehören. Darüber hinaus sind Instandhaltungskosten zu berücksichtigen, die in diesem Beispiel auf 1 % des Immobilienwerts pro Jahr geschätzt werden. Da es sich um einen langfristigen Vergleich handelt, müssen auch die Auswirkungen der Inflation auf Mietpreise und Instandhaltungskosten über die Zeit beachtet werden.

Um die finanziellen Vor- und Nachteile von Kauf und Miete besser zu verstehen, habe ich mithilfe von ChatGPT eine Tabelle erstellt, die die wichtigsten Parameter und Berechnungen zusammenfasst. Für unser Beispiel sind der Kaufpreis, die Nebenkosten, die Anfangsmiete, die Instandhaltungskostenrate sowie der betrachtete Zeitraum von 20 Jahren festgelegt. Wer Interesse an der Numbers-Tabelle hat, kann sich gerne bei mir melden – ich stelle sie gerne zur Verfügung.
Die orange markierten Felder in der Tabelle betreffen jedoch wichtige Annahmen, die variieren können: Wertzuwachsrate Immobilie, Mietsteigerungsrate und die Rendite des Kapitals, das im Falle einer Mietoption anderweitig angelegt wird. 

Szenarien zur Entscheidungsfindung



Szenario 1: Steigende Mieten und Immobilienwerte bei 2 % p.a.
  • Es wird angenommen, dass sowohl die Miete als auch der Immobilienwert jährlich um 2 % p.a. steigen. 
  • Gleichzeitig erzielt das Kapital, das durch das Mieten nicht in die Immobilie investiert wird, eine Rendite von 2 % pro Jahr. 
  • In diesem Fall zeigt die Berechnung, dass der Kauf der Immobilie nach 20 Jahren etwa 346.000 € günstiger als die Mietoption wäre. 
Szenario 2: Höhere Kapitalrendite
  • Erhöht sich die Kapitalrendite auf 4 % p.a., wird das Mieten finanziell attraktiver, da das angelegte Kapital eine höhere Verzinsung erzielt. 
  • Die Mietoption ist in diesem Szenario um etwa 430.000 € günstiger.
Szenario 3: Höhere Wertsteigerung der Immobilie und Mietsteigerung
  • Bei einer jährlichen Wertsteigerung der Immobilie von 3,5 % und einer Mietsteigerung von 3 % p.a. ist der Kauf wiederum die bessere Entscheidung, da der Wertzuwachs der Immobilie den Vorteil gegenüber der Mietoption überwiegt. 
  • Hier ist die Kaufoption um etwa 130.000 € im Verlauf des 20-Jahres-Zeitraums günstiger.
Szenario 4: Kapitalrendite von 5 % p.a.
  • Sollte die Kapitalrendite auf 5 % p.a. steigen, kehrt sich die Empfehlung zugunsten der Mietoption um, da das investierte Kapital eine hohe Verzinsung ermöglicht. 
  • In diesem Fall wäre die Mietoption nach 20 Jahren etwa 356.000 € günstiger als die Kaufoption. 
Diese Szenarien verdeutlichen, dass die Entscheidung zwischen Kauf und Miete maßgeblich von den zugrunde liegenden Annahmen abhängt, insbesondere von der erwarteten Kapitalrendite. Kapital, das nicht in eine Immobilie investiert wird, kann auf vielfältige Weise angelegt werden. Die Wahl der Anlageform hat dabei einen erheblichen Einfluss auf das finanzielle Endergebnis. Sicherere Anlageformen wie Festgeld oder Staatsanleihen bieten in der Regel niedrigere Renditen, während wachstumsstärkere, aber volatilere Investitionen wie Aktien potenziell höhere Erträge generieren können.

Ein Beispiel für eine renditestarke Anlage ist der MSCI ACWI, ein globaler Aktienindex, der über 2.800 Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern abbildet. Zwischen 1994 und 2023 erzielte dieser Index eine durchschnittliche jährliche Bruttorendite von 9,04 %. Dies verdeutlicht, dass Aktien langfristig eine attraktive Alternative zur Kapitalanlage darstellen können, insbesondere im Vergleich zu sichereren, aber weniger ertragreichen Optionen.

Würde man als Mieter sein Kapital in einen kostengünstigen thesaurierenden ETF auf den MSCI ACWI bei einer Direktbank investieren (die laufenden Kosten lägen hier bei etwa 0,2 % p.a.) und nach Abzug der Steuern eine Nettorendite von 6,7 % p.a. erzielen, was auf Basis der vergangenen 30 Jahre realistisch erscheint, wäre die Mietoption um 1.461.614 Euro günstiger als die Kaufoption. Dies gilt unter der Annahme der sonstigen Bedingungen von Szenario 4 (Wertzuwachsrate der Immobilie: 3,5 % p.a., Mietsteigerungsrate: 3 % p.a., 20-jähriger Zeitraum).

Fazit und Empfehlung 

Bei einer moderaten bis guten Wertentwicklung der Immobilie und gleichzeitig niedriger Rendite auf alternative Kapitalanlagen kann der Kauf einer Immobilie vorteilhafter sein. Sind jedoch die Kapitalrenditen hoch, erweist sich das Mieten als die wirtschaftlich sinnvollere Option. Jeder sollte seine persönlichen Annahmen und Erwartungen individuell prüfen, bevor eine Entscheidung zwischen Kaufen oder Mieten getroffen wird.
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen . Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ichsich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.
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