Früherkennung der Alzheimer-Krankheit: Warum p-Tau217 ein Durchbruch ist! Blog#180

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Die Alzheimer-Krankheit entwickelt sich schleichend – oft über Jahrzehnte hinweg, bevor erste Symptome wie Gedächtnisverlust oder Verwirrtheit auftreten. Bereits 15 bis 20 Jahre vor den ersten klinischen Anzeichen lassen sich krankhafte Veränderungen im Gehirn feststellen, insbesondere Ablagerungen von Amyloid-Beta und phosphoryliertem Tau. Dies zeigt, wie wichtig eine frühzeitige Diagnostik ist: Sie verschafft Betroffenen und ihren Familien wertvolle Zeit zur Planung, Prävention und für neue Therapieansätze. Bislang waren für eine zuverlässige Diagnose allerdings meist aufwendige und teure Verfahren wie PET-Scans oder eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor) notwendig. Mit der Entdeckung des Blut-Biomarkers phospho-Tau217 (p-Tau217) könnte sich das nun grundlegend ändern. Studien zeigen, dass dieser Marker Alzheimer mit einer Sensitivität von etwa 92 % und einer Spezifität von bis zu 96 % erkennen kann – und das allein durch eine einfache Blutprobe. 

Was ist Tau und warum ist es bei Alzheimer so wichtig?

Tau ist ein Protein, das in gesunden Nervenzellen die Stabilität der sogenannten Mikrotubuli sichert. Diese röhrenartigen Strukturen sind entscheidend für den Transport von Nährstoffen innerhalb der Zellen. Bei Alzheimer-Patienten kommt es zu einer krankhaften Veränderung dieses Proteins: Es wird an bestimmten Stellen – besonders an der Aminosäure Threonin 217 – übermäßig mit Phosphatgruppen versehen (phosphoryliert). Dadurch verliert es seine ursprüngliche Funktion, verklumpt zu sogenannten neurofibrillären Bündeln und trägt maßgeblich zum Absterben von Nervenzellen bei. Diese Ablagerungen zählen neben den Amyloid-Plaques zu den wichtigsten krankheitstypischen Merkmalen der Alzheimer-Krankheit.


Bei Alzheimer-Patienten (blaue Punkte) steigt die Plasma-p-tau217-Konzentration mit zunehmender Tangle-Dichte deutlich an, während bei Nicht-Alzheimer-Patienten (orange Punkte) kein solcher Zusammenhang besteht. Diese Korrelation zeigt, dass p-tau217 im Blut direkt die Tau-Pathologie im Gehirn widerspiegelt, ein Hauptmerkmal der Alzheimer-Krankheit. Übernommen aus: LINK.

Der Biomarker p-Tau217 misst gezielt die phosphorylierte Form des Tau-Proteins an einer ganz bestimmten Stelle. Er zeigt sich bereits in sehr frühen Stadien der Erkrankung im Blut deutlich erhöht – oft mehr als 20 Jahre vor dem Auftreten erster Symptome. Besonders beeindruckend ist seine hohe Spezifität: p-Tau217 kann Alzheimer mit einer Genauigkeit von bis zu 96 % von anderen neurodegenerativen Erkrankungen unterscheiden. Damit ist er bisherigen Biomarkern, wie p-Tau181, klar überlegen.

Vergleich mit anderen Biomarkern

Im Vergleich zu anderen Verfahren schneidet p-Tau217 durchweg besser ab:
  • p-Tau181 ist weniger spezifisch für Alzheimer und kann auch bei anderen Erkrankungen erhöht sein. 
  • Neurofilament-Leichtkette (NfL) zeigt allgemein Nervenzellschäden an, aber nicht spezifisch für Alzheimer. 
  • Beta-Amyloid-Verhältnisse (Aβ42/40) und bildgebende Verfahren wie PET-Scans sind präzise, jedoch teuer und teils belastend. 
p-Tau217 hingegen bietet eine ähnliche oder sogar bessere Aussagekraft – zu einem Bruchteil der Kosten, nicht-invasiv und ohne Strahlenbelastung. Ein weiterer Vorteil: Die Blutentnahme ist deutlich weniger belastend als die Entnahme von Nervenwasser und eignet sich somit auch für ältere oder geschwächte Patienten. 

Wissenschaftliche Validierung und klinische Anwendung

Die Aussagekraft von p-Tau217 wurde in mehreren internationalen Studien bestätigt – unter anderem durch die schwedische BioFINDER-Kohorte, die Mayo Clinic in den USA und industriegestützte Studien von Eli Lilly. Dabei zeigte sich, dass p-Tau217 nicht nur zwischen Alzheimer und anderen Demenzformen unterscheidet, sondern auch den Verlauf der Erkrankung abbildet. Bei Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung, die später eine Alzheimer-Demenz entwickelten, stiegen die p-Tau217-Werte frühzeitig an – bei stabilen Patienten blieben sie hingegen konstant.

Verfügbarkeit der Tests und aktuelle Einschränkungen

Seit 2024 sind Tests wie Elecsys® pTau217 von Roche/Eli Lilly und der Simoa® p-Tau217 Assay von Quanterix in spezialisierten Zentren und im Rahmen klinischer Studien auch in Deutschland erhältlich. Die flächendeckende Anwendung in der klinischen Routine steht allerdings noch aus. Es fehlen aktuell noch standardisierte Grenzwerte und regulatorische Freigaben. Zudem wird die Kostenübernahme durch die Krankenkassen bisher nur in Einzelfällen gewährt. 

Potenzial für Therapie, Verlaufskontrolle und Prävention

p-Tau217 kann nicht nur zur Diagnose eingesetzt werden, sondern auch zur Überwachung des Krankheitsverlaufs und zur Beurteilung des Therapieansprechens. In Studien mit neuen Alzheimer-Medikamenten wie Donanemab zeigte sich, dass erfolgreiche Behandlungen mit einer Senkung der p-Tau217-Werte im Blut einhergingen. Auch Lebensstiländerungen – zum Beispiel regelmäßige Bewegung oder eine mediterrane Ernährung – können sich positiv auf diesen Biomarker auswirken.

Das eröffnet neue Möglichkeiten:
  • Therapien können individuell überwacht und angepasst werden. 
  • Der Krankheitsverlauf kann objektiv dokumentiert werden. 
  • Präventive Maßnahmen lassen sich gezielter einsetzen. 
Langfristig könnte p-Tau217 sogar als Screening-Instrument dienen – etwa für Menschen mit familiärer Vorbelastung oder mit ersten subjektiven Gedächtnisproblemen. So ließen sich Betroffene frühzeitig identifizieren und in klinische Studien aufnehmen, in denen neue Medikamente im Frühstadium der Erkrankung getestet werden. 

Limitationen und offene Fragen

Trotz aller Vorteile gibt es auch Einschränkungen: Bei sehr alten Menschen oder bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen kann der Test weniger zuverlässig sein. Auch ist die Standardisierung der Messverfahren noch nicht vollständig abgeschlossen. Unklar ist zudem, wie p-Tau217 am besten in Kombination mit anderen Biomarkern eingesetzt werden kann. Darüber hinaus wird auch gesellschaftlich diskutiert, welche ethischen Implikationen ein breites Screening mit sich bringen könnte – etwa hinsichtlich Stigmatisierung oder psychischer Belastung. 

Fazit: Ein Meilenstein für die Alzheimer-Diagnostik

Der Blut-Biomarker p-Tau217 stellt einen echten Wendepunkt in der Alzheimer-Früherkennung dar. Er ermöglicht eine sehr frühe, spezifische und unkomplizierte Diagnose – und das lange vor dem Auftreten erster klinischer Symptome. Damit eröffnet sich erstmals die Möglichkeit zu gezielter Prävention, zur individuellen Überwachung von Therapien und zu effizienterer Forschung. Zwar sind bis zur breiten Anwendung noch regulatorische und praktische Hürden zu überwinden – doch die bisherigen Erkenntnisse sind vielversprechend. p-Tau217 könnte künftig in der Alzheimer-Diagnostik das sein, was der Cholesterinwert für die Kardiologie ist: ein einfacher, aber hocheffektiver Marker zur Früherkennung und Risikosteuerung.
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Verantwortlicher: Klaus Rudolf; Kommentare und Fragen bitte an: rudolfklausblog@gmail.com
Auf diesem Blog teile ich meine persönlichen Meinungen und Erfahrungen . Es ist wichtig zu betonen, dass ich weder Arzt noch Finanzberater bin. Jegliche Informationen, die ich in meinem Blog vorstelle, stellen weder Anlageempfehlungen noch Therapieempfehlungen dar. Für fundierte Entscheidungen in Bezug auf Gesundheitsfragen oder Finanzanlagen empfehle ichsich umfassend zu informieren und bei Bedarf einen professioniellen Experten zu konsultieren.
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